Neues Deutschland: zur aktuellen Gesundheitsdebatte

Bei allem Respekt für die Proteste gegen Röslers
Gesundheitspläne, die es aus den Oppositionsparteien, den
Sozialverbänden, Gewerkschaften und vielen anderen Organisationen
hagelt – es wird nicht einfach sein, an den Zusatzbeiträgen noch
etwas zu ändern. Sie stehen ja nicht nur für eine unsoziale
Umwandlung des Gesundheitssystems, sondern vor allem als Symbol für
die Glaubwürdigkeit dieser Koalition, die ihren verbliebenen Wählern
damit signalisiert, dass noch ein paar Blätter vom Koalitionsvertrag
übrig geblieben sind. Für die Freigabe der Höhe der Zusatzbeiträge
und ein paar halbherzige Einnahmeerhöhungen und
Kostendämpfungsmaßnahmen, an denen als Alibi auch Arbeitgeber, Ärzte,
Pharmaindustrie, Krankenhäuser und Kassen beteiligt sind, hätte ein
schöner Tag im Februar oder März gereicht. Das Monate andauernde
Warten bis zum Ende von Landtags- und Bundespräsidentenwahlen sowie
dem Beginn der Ferien und der Fußballweltmeisterschaft hat lediglich
das Ziel verfolgt, die Debatten um das Ausmaß dieser Veränderungen in
Grenzen zu halten – verbunden mit der Hoffnung, dass die Wut nach dem
Sommer verraucht sein könnte und andere Probleme die Oberhand
gewinnen. Die sorgfältige Planung dieses Coups und das nervöse
Festhalten daran machen ziemlich deutlich, wie sehr FDP, CDU und CSU
der soziale Sprengstoff ihres Handelns bewusst ist. Um so größer ist
die Verantwortung der Kritiker, ihnen die Lunte aus der Hand zu
nehmen.

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