Neues Deutschland: zur Griechenland-Hilfe

Alles nur Augenwischerei, ein billiger PR-Trick von
Finanzminister Wolfgang Schäuble? Selbst in der Wirtschaft ist diese
Kritik nach der Bekanntgabe der Bankenhilfe für Griechenland populär.
Doch zielt sie am eigentlichen Problem vorbei: Denn den
Euro-Regierungen sind die Hände gebunden. Die Vernetzung des modernen
Kapitalismus führt zu verhängnisvollen Abhängigkeiten und die
Verrechtlichung der globalisierten Wirtschaft schafft »Sachzwänge«,
die ein hartes Durchgreifen der Politik nahezu unmöglich machen.
Private Banken helfen aber nur, wo sie müssen. Würde die Politik
die Banken zwingen – wie einst erhofft – zumindest ein Viertel der
Griechenland-Kredite von 110 Milliarden Euro aufzubringen, wären die
Folgen unabsehbar. Das internationale Bilanzrecht zwingt Banken, eine
»unfreiwillige« Hilfe für Griechenland abzuschreiben. Versicherungen
und Pensionsfonds dürfen das Geld ihrer Kunden per Gesetz nur in
Anlagen mit guten Ratingnoten anlegen. Eine »unfreiwillige« Hilfe
würde jedoch Ratingagenturen zwingen, schlechte Noten an Banken und
Problemländer zu verteilen. Alles das hätte unkalkulierbare
Konsequenzen für das globale Finanzkarussell. Die bestenfalls
halbprivate Bankenhilfe für Griechenland zeigt erneut den hässlichen
Käfig, in den der Finanzkapitalismus Politik und Demokratie
eingesperrt hat. Gegenmaßnahmen wie die Gründung der
EU-Bankenaufsicht stecken dagegen noch in den Kinderschuhen. Der
monetäre Schutz der Wiege Europas verdient jedoch Vorrang, und da ist
wenig private Hilfe besser als keine.

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