Arbeitgeberpräsident sieht durch Brexit-Chaos
Nachteile für EU-Kritiker und Nationalisten
Plädoyer für mehr statt weniger Europa
Osnabrück. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer erwartet, dass das
Brexit-Chaos bei der Europawahl zu Lasten von EU-Kritikern und
Nationalisten geht, und setzt langfristig auf mehr statt weniger
Europa. Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte
Kramer: „Ich glaube, dass das Brexit-Chaos in Großbritannien
abschreckend wirken wird. Viele Menschen, die damit geliebäugelt
haben, Populisten und Nationalisten zu wählen, werden es sich jetzt
sicher anders überlegen.“ Denn es zeige sich, dass Nationalismus und
Rückzug hinter die eigenen Deiche keine Probleme lösen, sondern neue
schaffen würden. Er glaube deshalb, dass die Gefahr einer
nationalistischen Welle im Europaparlament nicht mehr so groß sei,
wie vielleicht im vergangenen Jahr. „Voraussetzung ist natürlich,
dass alle, die an Europa glauben, auch zur Wahl gehen. Je höher die
Wahlbeteiligung ist, desto weniger müssen wir uns Sorgen machen.“
Kramer sprach sich zudem für mehr Gemeinsamkeit in Europa aus. Er
betonte: „Die Menschen brauchen ein Ziel. Wenn beispielsweise der
französische Staatspräsident Emmanuel Macron fulminant für ein
Zusammenwachsen Europas wirbt und dabei das Beispiel des europäischen
Finanzministers nennt, dann sage ich: Das kann durchaus richtig
sein.“ Damit meine er nicht, dass wir diesen Minister morgen
brauchen, „aber in vielleicht zehn Jahren, wenn sich die
Volkswirtschaften hinsichtlich ihrer Stabilität in einem deutlich
engeren Korridor befinden“. Das Ziel sei richtig, mehr Projekte
gemeinsam umzusetzen. „Wir können in der Europäischen Union rund 500
Millionen Menschen auf die Waage bringen. Doch müssen wir dazu noch
enger zusammenarbeiten.“
Kramer appellierte zudem an alle Unternehmen in Deutschland Flagge
für Europa zu zeigen. „Es hat ja nicht jeder einen Flaggenmast vor
seinem Haus. Aber wer einen freien Platz hat, der sollte in den
nächsten Wochen Flagge für Europa zeigen. Das wäre ein starkes
Signal. Ja, Flaggen können helfen – besonders dann, wenn es ganz
viele sind.“
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Arbeitgeber: Auch in Zeiten der Digitalisierung an
Tarifpartnerschaft festhalten
Kramer: System hat sich bewährt, muss aber immer wieder angepasst
werden
Osnabrück. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hat eine Lanze für die
Tarifpartnerschaft gebrochen. Kramer sagte der „Neuen Osnabrücker
Zeitung: „Digitalisierung und Plattform-Ökonomie stellen uns vor neue
Herausforderungen – und da suchen wir noch nach dem besten Weg. Aber
ich glaube, die bewährte Tarifautonomie kann auch für neue
Unternehmens- und Beschäftigungsarten in angepasster Form ein
wichtiger Vorteil sein.“
Kramer betonte, er sei ein Freund von Tarifstrukturen, weil sie
bei sinnvoller Gestaltung für den Unternehmer das Leben einfacher
machen könnten. Zudem habe das in den vergangenen 70 Jahren meist gut
funktioniert: „Sonst wären wir heute auch kaum so leistungsfähig wie
wir es sind.“
Das Tarifsystem muss nach den Worten von Kramer allerdings immer
wieder veränderten Bedingungen angepasst werden. So seien Ende der
1990er Jahre Öffnungsklauseln eingeführt worden. „Wir haben damals
erkannt: Es muss – etwa wegen stark unterschiedlicher
Lohnkostenanteile – Ausnahmen von den Tarifregeln der Branchen
geben.“ Anpassungen seien schon bisher wichtig gewesen. Und sie seien
es auch heute.
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