Die afghanische Tragödie hat sich atemberaubend
beschleunigt. Erst verbrannten heilige Bücher. Dann starben Menschen.
Der Firniss der so genannten Freundschaft zwischen Afghanen und
Amerikanern, er besteht nur noch aus Löchern. Der nach zehn
Einsatzjahren sprachlos machenden Unsensibilität von US-Soldaten im
Umgang mit dem Koran folgte, weil kein Einzelfall, ein archaischer
Gewaltausbruch der Straße, der nach der Hinrichtung von zwei
amerikanischen Regierungsberatern in der Kapitulation endete. Der
Abzug mehrerer Hundert westlicher Helfer aus afghanischen Ministerien
und dem Militär-Apparat ist das Eingeständnis des Scheiterns. Zum
ersten Mal verteidigt der Westen wirklich am Hindukusch seine eigene
Sicherheit. Der Partnering-Strategie, bei der Soldaten der
Internationalen Schutztruppe (Isaf) bis zum Abzug 2014 die Armee und
die Polizei Afghanistans Schulter an Schulter notdürftig arbeitsfähig
trainieren, dürfte bald die letzte Stunde geschlagen haben. Zu viel
Nähe kann tödlich sein. Die Amerikaner trauen ihrem Gegenüber nicht
mehr über den Weg und fordern Personenschutz von einheimischen
Sicherheitskräften. Die Afghanen wiederum können ihre
Ermüdungserscheinungen gegenüber dem als ignorante Besatzungsmacht
empfundenen Westen, der seine helfende Rolle nie glaubhaft im
Bewusstsein der Bevölkerung verankern konnte, nicht länger verbergen.
Politisch stehen die Zeichen nach der jüngsten Eskalation auf Sturm.
In Washington wird der Druck wachsen, noch schneller als geplant das
Feld zu räumen. Verblendete republikanische Wahlkämpfer haben Obamas
Entschuldigung für die Koran-Verbrennungen als Zeichen der Schwäche
gegeißelt. Nutznießer werden die Taliban und angegliederte
Terror-Netzwerke sein. Sie treiben den schwachen Präsidenten in Kabul
mit ihrer Politik der blutigen Nadelstiche weiter in die Enge. Karsai
will die Taliban einbinden und gleichzeitig die Amerikaner als
Rettungsanker im Land behalten. Beides geht nicht.
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