Hans-Peter Friedrich war nicht zu halten. Alle haben
es gewusst, vielleicht mit einer Ausnahme, und das war der frühere
Innenminister selbst. Die Ironie ist, dass der Fall Edathy am Ende
für Friedrich viel schwerer wiegt als für den SPD-Mann, der unter
Kinderporno-Verdacht steht. Sebastian Edathy hat sich zwar Bilder von
Knaben gekauft, aber das ist nur schmierig und muss keine Straftat
sein. Dem gefallenen Minister droht hingegen eine Anklage gegen
Verletzung des Dienstgeheimnisses.
Edathy ist politisch erledigt und persönlich erlebt er ein Drama.
Indes kann er seine Darstellung halten, dass er keine
Kinderpornografie besaß und sich nicht strafbar gemacht habe.
Friedrich aber machte sich und die Große Koalition angreifbar. Wenn
schon der Dienstherr, obendrein: der Verfassungsminister, das Leck
ist und mit Amtsgeheimnissen freihändig umgeht, wie kann man
glaubwürdig gegenüber Polizisten oder Staatsanwälten ermitteln, die
etwas ausplaudern?
Wie so oft im Leben gilt auch in diesem Fall: Gut gemeint ist
nicht gut gemacht. Friedrich wollte ja nicht Edathy, sondern die SPD
schützen, als er über sie den Verdachtsfall informierte. Man glaubt
sofort, dass er im besten Wissen und Gewissen gehandelt hat. In der
Politik, gerade in der CSU, ist die Amigo-Mentalität weit verbreitet.
Das ist nicht gut, vor allem aber darf man sich nicht erwischen
lassen. Als es so weit war, hätte er viel schneller handeln müssen.
Sein anfänglicher Plan, erst abzuwarten, ob die Berliner Justiz
ermitteln würde, war absurd. Erstens wäre Friedrich dann nicht mehr
Herr des Verfahrens gewesen, sondern die Justiz. Zweitens wäre es für
die Große Koalition eine tage- oder wochenlange Zitterpartie
geworden. Im März stehen Kommunalwahlen in Bayern an, und CSU-Chef
Horst Seehofer ordnet alles dem Erfolg unter. Friedrichs Tage waren
gezählt.
Vertrauensbildung stand am Anfang – als Motiv – von Friedrichs
Affäre. Mit zerstörtem Vertrauen endet sie. Denn es war die SPD,
genauer gesagt: ihr Fraktionschef Thomas Oppermann, der Friedrich ans
Messer lieferte. Das wirkt über den Tag hinaus. Auch Kanzlerin Angela
Merkel macht keine gute Figur: Einige in ihrem Kabinett waren
eingeweiht, nur sie nicht? Als die Nachricht wie eine Bombe platzte,
ist sie abgetaucht. Vielleicht war ihr Schweigen im Ergebnis –
Rücktritt – effektiv. Souveränität sieht indes anders aus. Der Fall
ist übrigens nicht zu Ende. Man muss erfahren, ob und wer Edathy den
Tipp gab, dass gegen ihn ermittelt wurde. Die SPD muss sich nicht
wundern, wenn man gerade an sie denkt.
Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion
Telefon: 0201/8042616
Weitere Informationen unter:
http://