Es ist kein Geheimnis, dass der Verfassungsschutz
die Linkspartei beobachtet. Die Praxis ist offen und legal, versteht
sich aber nicht (mehr) von selbst. Sie wirkt in diesen Tagen eher
befremdlich, weil sich das Amt zuletzt im Kampf gegen den
Rechtsextremismus nicht mit Ruhm bekleckert hat. Da drängt sich die
Frage auf, ob die Prioritäten noch stimmen. Ist das Amt aus der Zeit
gefallen? Hält es, als Gewohnheitsrecht quasi, an alten Denkmustern
fest? Man kann etwa die „marxistische Plattform“ beobachten, Material
sammeln, Dossiers anlegen. Aber ihr Einfluss auf die gesamte Partei
ist beschränkt. Für einen Pauschalverdacht fehlt jede Begründung. Die
Linke ist nicht verfassungsfeindlich. Auch das wurde längst
höchstrichterlich festgestellt. Es ist übertrieben, die halbe
Führungsspitze der Fraktion systematisch zu bespitzeln. Die
Linkspartei ist nicht der parlamentarische Arm der autonomen Szene.
Gerade Leute wie Gregor Gysi oder Dietmar Bartsch sind in der
Demokratie angekommen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass so viele
Abgeordnete der Linksfraktion bespitzelt werden. Wenn man den Aufwand
für die NPD und für die Linke vergleicht, dann stimmen die
Proportionen nicht. Von der CSU, die sie unlängst verbieten wollte
und in einem Atemzug mit der NPD nannte, kann die Partei keine
Solidarität erwarten. Aber diese Kraft der Differenzierung sollten
wenigstens die anderen Parteien aufbringen; ganz gleich, wie man zu
den Linken politisch steht. Die Bundesregierung kann sich nicht mit
dem Hinweis aus der Affäre stehlen, dass die Beobachtung legal sei.
Der Innenminister muss sich schon die Mühe machen, die Praxis immer
wieder aufs Neue zu begründen. Was heute selbstverständlich scheint,
kann sich morgen überlebt haben.
Gerade der Verfassungsschutz
lebt von der gesellschaftlichen Akzeptanz. Er muss die Beobachtung
der Linkspartei erklären können. Oder abstellen.
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