NRZ: Ein Glücksfall für die SPD – ein Kommentar von JAN JESSEN

Die SPD wird die Große Koalition wegen einer
Personalie wahrscheinlich nicht platzen lassen. Dass sie so laut
trommelt, hat aber einen Grund: Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg
Maaßen ist ein Mittel zum Zweck. Natürlich muss er gehen, keine
Frage. Er hat Verschwörungstheorien in die Welt gesetzt, er hat im
Fall Amri nicht mit offenen Karten gespielt. Dass Innenminister Horst
Seehofer (CSU) ihn mit Blick auf die bayerischen Landtagswahlen
stützt und Angela Merkel sich scheut, Druck auf Seehofer aufzubauen,
das ist für die SPD ein Glücksfall. Sichtbarkeit, Profil, das sind
die wichtigsten Kriterien für den Erfolg einer Partei. Die SPD ist in
den vergangenen Jahren im Schatten der Union unsichtbar geworden,
sozialdemokratische Projekte wie der Mindestlohn wurden von vielen
Wählern als Merkel-Reformen wahrgenommen. Nicht von ungefähr hat sich
die SPD in diese Große Koalition gequält. Die Entwicklung der
Umfragewerte gab den Zweiflern Recht. Stabile Renten bis 2040? Tolles
Thema. Aber 2040 ist weit weg. Was Wähler honorieren, ist eine klare
Kante. Das zeigt der Höhenflug der Grünen, die in der Klima- und in
der Flüchtlingspolitik stabil bleiben. Mit der Forderung nach einem
Rücktritt des umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten weiß die SPD
eine Mehrheit der Bürger hinter sich, sie löst sich aus dem Schatten
der Union und zeigt die Schwäche der Kanzlerin auf. Das ist Balsam
für geschundene Basis-Seelen und verschafft in der Außenwirkung
Respekt. Zweiter Ball auf dem Elfmeterpunkt: der mögliche
Militäreinsatz in Syrien. Auch hier hat sich die SPD glasklar
positioniert, sie wird einen solchen Einsatz nicht mittragen. In der
jüngsten Wahlumfrage ist sie wieder auf 20 Prozent hinaufgekraxelt.

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