NRZ: Ein Präsident, der Mut machen will – ein Kommentar von JAN JESSEN

Frank-Walter Steinmeier war einer der wichtigsten
Architekten der Agenda 2010, die das Land gespalten und den Aufstieg
von Populisten befördert hat. Die Ungerechtigkeiten und die
Fehlentwicklungen müssen andere politisch korrigieren. Steinmeier
muss als künftiges Staatsoberhaupt die richtigen Worte finden gegen
die Unsicherheit und die Abstiegsängste, von denen sich die
Vereinfacher und Wutentfacher ernähren. Viel mehr als Worte hat ein
Bundespräsident nicht. Ein Staatsoberhaupt mit fast ausschließlich
repräsentativer Funktion, das ist eine deutsche Besonderheit,
gespeist aus den Erfahrungen der Weimarer Republik. Aber eine klare,
eine ehrliche und einfühlsame Ansprache kann in Zeiten wie diesen, in
denen der gesellschaftliche Diskurs durch Unwahrheiten, bösartige
Einflüsterungen und Hetze vergiftet wird, zu einem Kompass werden.
Deutschland braucht einen solchen Kompass. Bei seiner ersten
Ansprache hat Steinmeier die richtigen Worte gefunden, daran
erinnert, dass Freiheit und Demokratie das Fundament des vereinten
Europas sind; und dass Deutschland trotz mancher Probleme ein Land
sei, das in der Welt als ein Anker der Hoffnung angesehen werde. Er
hat seine Rolle definiert. Er will Mutmacher sein, ein hehrer
Anspruch. Steinmeier kann diese Rolle ausfüllen, die Menschen
vertrauen ihm. Und ja, natürlich wäre es spannender gewesen, wenn
sich der Bundesversammlung mehrere Kandidaten mit ähnlichen Chancen
zur Wahl gestellt hätten. Aber in Zeiten, in denen die Demokratie
bedrängt wird, ist es gut, wenn Parteien zusammenrücken und
Geschlossenheit zeigen.

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