NRZ: Ein Stolperstein für das Projekt GroKo – ein Kommentar von JAN JESSEN

Es ist natürlich Unsinn, davon auszugehen, dass
nichts nach außen dringt, wenn sich 39 Politiker miteinander
unterhalten. Es geht immer auch darum, die Deutungshoheit über Erfolg
und Misserfolg zu behalten, da gehört das Durchstechen von
Wasserstandsmeldungen dazu. Es darf eben nur nicht öffentlich
geschehen, und deswegen hat Armin Laschet einen unprofessionellen
Fehler gemacht, als er vor Publikum über den Stand der Verhandlungen
berichtete. Er hat zwar keine Inhalte verraten – aber er hat der
Union eine offene Flanke beschert, in der die nervöse und mit sich
ringende SPD gerne hineingegrätscht ist. Der Inhalt der
energiepolitischen Verständigung war schon zuvor publik geworden,
natürlich ohne öffentlichen Absender. Union und SPD beerdigen das
Ziel einer Reduktion des deutschen Treibhausgas-Ausstoßes bis 2020.
Dieses Ziel wäre ohnehin kaum noch erreichbar gewesen, weil die Große
Koalition die Energiewende in den vergangenen Jahren zu
unambitioniert vorangetrieben und sie den Interessen der
Großindustrie untergeordnet hat – es überrascht dennoch, mit welcher
Lässigkeit das Klimaziel über die Klippe gejagt wird (und Kanzlerin
Merkel einmal mehr ein Versprechen bricht – Stichwort Pkw-Maut). Die
Aufgabe dieses Ziels könnte für die SPD zu einem Stolperstein werden.
So verliebt in die alte Schwerindustrie wie die Genossen speziell im
Ruhrgebiet sind längst nicht mehr alle Sozialdemokraten. Es könnte
für den einen oder anderen ein wesentlicher Grund sein, dem ohnehin
so ungeliebten GroKo-Projekt die Zustimmung zu verweigern.

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