Noch vor einem Jahr hatte der junge Mann, der gerade
aus der Schule kam, die Wahl zwischen zwei Pflichtprogrammen: Gehe
ich zur Bundeswehr oder leiste ich Zivildienst? Wie auch immer die
Entscheidung ausfiel, sie war nicht gänzlich freiwillig. Das ist
heute anders. Die Wehrpflicht gibt es nicht mehr, den Zivildienst
dadurch auch nicht. Statt dessen versprach die Regierung eine „neue
Kultur der Freiwilligkeit“. Die scheint es dank des
Bundesfreiwilligendienstes (BFD) zu geben. Die Nachfrage nach Stellen
ist nur sieben Monate nach dem Start des Freiwilligendienstes höher
als das Angebot. Damit hat der BFD einen besseren Start hingelegt als
anfangs gedacht. Man kann den Menschen nur Respekt dafür zollen, dass
sie sich für ihre Mitmenschen engagieren. Jede Seite profitiert
davon. Diejenigen, die Hilfe suchen, bekommen sie. Diejenigen, die
Hilfe leisten, tun etwas, was ihrem Leben einen Sinn gibt. Und es
gibt ihnen in Zeiten des Turbo-Abis, in denen junge Menschen
möglichst früh möglichst fit für den Arbeitsmarkt sein müssen, ein
Stück Entschleunigung. Der Vorteil des BFD gegenüber des
Zivildienstes liegt darin, dass sich die Freiwilligen wirklich
engagieren wollen. Schon werden Rufe nach dem Ausbau der BFD-Plätze
laut. Doch dazu ist der Freiwilligendienst noch zu jung. Es ist gut
möglich, dass sich der große Ansturm auf die Stellen wieder legen
wird. Denn in diesem Jahr werden in einigen Bundesländern, wie
Brandenburg oder Baden-Württemberg, aufgrund des doppelten
Abiturjahrgangs zig junge Menschen gleichzeitig aus den Schulen
entlassen. Bei all den lobenden Worten für den guten Start gibt es
doch auch Bedenkliches: So sorgt sich der eine oder andere
Wohlfahrtsverband darüber, dass der Freiwilligendienst dazu
missbraucht wird, die Arbeitslosenzahlen zu schönen. Oder darüber,
dass der BFD zu einem bezahlten Dienst wird, der das Ehrenamt am Ende
kannibalisiert. Der Freiwilligendienst muss bleiben, was er ist: ein
freiwilliges Zusatzangebot.
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