Gauck hielt eine kluge, differenzierte Rede,
stimmig, nie langweilig, wie aufgeschrieben für die politische
Bildung. Und doch war es keine Ansprache, die den Nerv der Zeit
trifft wie Roman Herzog mit seiner Ruck-Rede 1997. Ebenso wenig war
die Rede so wegweisend, dass sie die Politik unter Zugzwang setzen
würde – anders als einst Johannes Rau mit seinem Wort zur
Zuwanderungsgesellschaft. Es ist also zu befürchten, dass Gaucks
erste große Rede verhallen wird. Man kommt unweigerlich auf Angela
Merkel zu sprechen, die am besten im Krisenmodus ist, als Erzählerin
sich aber schwer tut. Gauck ergänzt sie, nimmt ihr die Schärfe, weil
er erklärt und beruhigt. Hätte sie gestern diese Rede gehalten, das
Manuskript wäre in jeder Hauptstadt auf versteckte Botschaften
abgeklopft worden. Bei Gauck besteht die Chance, dass er richtig
verstanden wird: Der erste Mann im Deutschland ist ein Europäer aus
Überzeugung und mit viel Herz.
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