NRZ: Kauft mehr Steuer-CDs! – ein Kommentar von JAN JESSEN

Selbst die FDP will den Ankauf von Steuer-CDs nicht
verbieten. Keine Sorge: Die Liberalen sind nicht über Nacht zu
Befürwortern der Daten-Deals geworden; sie wollen ganz einfach das
Steuerabkommen mit der Schweiz nicht gefährden. So oder so hat
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine deftige
Watschn kassiert. Ihr Verbotsvorstoß war ohnehin in vielerlei
Hinsicht wunderlich. Erstens beteiligt sich der Bund selbst an den
Datenankäufen. Zweitens gibt es keinen ähnlich gelagerten Vorstoß
ihres hessischen Parteifreunds und Justizministerkollegen Hahn, auf
den sie sich beruft – die Justizministerkonferenz hatte im Juni den
Ankauf von Steuerdaten ausdrücklich ausgenommen, als sie ankündigte,
Datenhehlerei unter Strafe stellen zu wollen. Drittens hat
Leutheusser-Schnarrenberger natürlich recht, wenn sie davon spricht,
dass sich solche Ankäufe in einem „hochproblematischen Graubereich“
abspielen – Steuerhinterziehung aber spielt sich im tiefschwarzen
Bereich ab.

Pro Jahr werden schätzungsweise 30 Milliarden Euro Steuern
hinterzogen. Von Menschen, die noch immer viel zu oft verharmlosend
und die Schuldfrage auf absurde Weise umkehrend als Steuerflüchtlinge
bezeichnet werden. Tatsächlich sind sie ganz einfach Kriminelle.
Leute, die sich vom Staat, also der Allgemeinheit der Steuerzahler,
all das finanzieren lassen, ohne das sie überhaupt keine Geschäfte
machen könnten: die Verkehrsinfrastruktur zum Beispiel, oder
Schulbildung und Studium sowohl für sich selbst oder ihre
Mitarbeiter; von staatlichen Subventionen und Fördermaßnahmen ganz zu
schweigen. Die 30 Milliarden Euro, die diese Kriminellen alljährlich
außer Landes schaffen, fehlen beim Bau von Kindergärten, bei der
Finanzierung neuer Lehrerstellen, bei der Renovierung von
Universitäten.

Dürfen solche Leute mit halbseidenen Deals dingfest gemacht und
zur Begleichung ihrer Schuld gezwungen werden? Ja, natürlich. Wer das
ablehnt, sollte gleich dafür plädieren, das Einschleusen von
verdeckten Ermittlern in die Organisierte Kriminalität zu verbieten;
auch die Verwendung von V-Leuten in extremistischen Szenen ist in
einer solchen Logik verboten anrüchig. Manchmal muss der Rechtsstaat
in Grauzonen unterwegs sein, um schwarze Bereiche zu erhellen. Die
Erfolge beim Kauf der Steuer-CDs zeigen: Es lohnt sich.

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