NRZ: Keine Diskriminierung – ein Kommentar von PETER HAHNE

Eines vorab: Von einer massenhaften
Armutseinwanderung aus anderen EU-Staaten kann in Deutschland nicht
die Rede sein. Weniger als fünf Prozent der aktuellen
Hartz-IV-Bezieher stammen aus anderen EU-Ländern. Insoweit ist es
schändlich, den jüngsten Zuzug von Bulgaren und Rumänen zur
pauschalen Stimmungsmache gegen Ausländer zu missbrauchen. Die
Personen-Freizügigkeit ist ein hohes Gut für Europa. Sie spiegelt den
Kern der europäischen Werte wider, und wer sie einschränken will,
braucht dafür schon sehr gute Gründe, wie auch die Briten jüngst aus
Berlin erfahren durften. Es war deshalb höchste Zeit, dass sich der
Europäische Gerichtshof (EuGH) endlich mit der Frage beschäftigt, ob
Deutschland zugewanderten EU-Ausländern pauschal Sozialleistungen
verweigern darf.

Die Antwort der Richter: Ja. Zugezogene, die nie einen Job in
Deutschland hatten, haben keinen Anspruch auf Hartz IV; aber, und das
ist der eigentlich springende Punkt an dem Urteil, die Behörden
müssen nach dem Willen der Richter weiterhin jeden Einzelfall prüfen.
Oder zumindest eine handhabbare Verwaltungspraxis schaffen, die
EU-Ausländer vor einer pauschalen Diskriminierung schützt.

Der EuGH hat damit geltendes europäisches Recht bestätigt. Und das
ist vernünftig. Denn EU-Staaten müssen die Möglichkeit haben,
offensichtlichen Sozialtourismus zu verhindern. Solange sie dabei mit
Bedacht vorgehen, kann das der europäischen Idee der Freizügigkeit
mehr helfen als schaden.

Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616