NRZ: Keine Nachsicht beiÜbergriffen – ein Kommentar von JAN JESSEN

Nachdem die Dimensionen der Übergriffe in der Kölner
Silvesternacht deutlich geworden sind, herrscht Entsetzen. Dutzende
Frauen werden im öffentlichen Raum Opfer sexueller Gewalt, ohne dass
die Polizei einschreitet. Der blanke Horror. Die Täter sind offenbar
nordafrikanische Zuwanderer, Mitglieder von organisierten Banden, die
seit geraumer Zeit im Bereich des Kölner Hauptbahnhofs ihr Unwesen
treiben. Diese Verbrecher müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Für
solche Übergriffe darf es kein Quäntchen Toleranz und Nachsicht
geben.

Die Ethnie der mutmaßlichen Täter kann keine Entschuldigung sein;
Kulturrabatte für Sexualstraftäter darf es nicht geben, auch wenn sie
aus Gesellschaften kommen sollten, in denen antiquierte, abwertende
Frauenbilder vorherrschen. Aber klar muss auch sein: Nicht Ethnien
begehen Verbrechen, sondern Straftäter. Die Übergriffe von Köln sind
aber Wasser auf die Mühlen von Fremdenhassern, die sich in all ihren
dumpfen Vorurteilen bestätigt fühlen und nach den Geschehnissen in
der Silvesternacht das Netz mit hasserfüllten Vernichtungs- und
Gewaltfantasien fluten.

Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist kein kulturspezifisches Problem,
auch wenn das jetzt wieder von zig Bewahrern des Abendlandes
herbeigeredet wird. Sie findet täglich statt, auch in urdeutschen
Schlafzimmern. Wenn sie nur dann thematisiert wird, wenn Ausländer
die Täter sind, dann wird sie schändlich instrumentalisiert. Wer
erfahren will, welches rückständige Frauenbild manche deutschen
Männer haben, muss sich nur die Lieder anhören, die sie auf dem
Ballermann oder an Karneval grölen. Respektlosigkeit und sexuelle
Gewalt gegen Frauen sind gesellschaftliche Probleme. In den
Herkunftsländern von Migranten, aber eben auch in Deutschland.

Deswegen ist es – unabhängig von Köln – vonnöten, eine Kultur des
Respekts zwischen den Geschlechtern zu fördern, und das möglichst
schon im Kindergarten.

Zudem drängt sich die Frage auf, wie es in Köln überhaupt zu dem
Exzess kommen konnte, und wieso die Polizei, die nach eigenem
Bekunden „gut aufgestellt und präsent“ vor Ort war, die massiven
Übergriffe erst Tage später einräumte, stattdessen in ihrem Bericht
am Neujahrsmorgen von einer „entspannten Einsatzlage“ fabulierte.
Wenn aus einer Menge von angeblich 1000 Menschen heraus Dutzende
Straftäter stehlen, rauben, nötigen und – in einem Fall –
vergewaltigen können, ohne dass die Sicherheitskräfte einschreiten,
dann haben diese eklatant versagt. In Köln hat die Polizei selbst
einen rechtsfreien Raum geschaffen.

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