NRZ: Leid ohne Lösungen – ein Kommentar von JAN JESSEN

Der Bürgerkrieg in Syrien steuert auf einen neuen,
blutigen Höhepunkt zu. In der Millionenmetropole Aleppo sind die
Einwohner gefangen zwischen dem unerbittlich angreifenden Truppen des
Regimes und den von den Golfstaaten hochgerüsteten Rebellen. Die
syrische Armee nimmt keine Rücksicht auf die Leiden der
Zivilbevölkerung. Die Aufständischen, die den Krieg aus den
ländlichen Regionen Syriens nach Aleppo getragen haben,
instrumentalisieren dieses Leiden, um die Staatengemeinschaft
moralisch unter Druck zu setzen, sie zum Eingreifen zu bewegen. Vor
allem wollen noch mehr Waffen, um das Regime militärisch besiegen zu
können. Nur noch darum geht es. Um den Sieg, um das gnadenlose
Abrechnen mit dem Gegner.

Die Zeit für diplomatische Lösungen ist längst vorbei. Beide
Seiten kämpfen um das physische Überleben, wer als Sieger aus diesem
Kampf hervor geht, ist offen. Assad, dem schon so oft das nahe Ende
prophezeit worden ist, hat immer noch genügend loyale Soldaten, immer
noch Anhänger in der Bevölkerung, immer noch Verbündete wie Iran oder
Russland. Aber bevor eine Seite vernichtend geschlagen ist, wird das
Blutvergießen nicht enden, zu verhärtet sind die Fronten.

Die Staatengemeinschaft kann trotzdem helfen. Kurzfristig den
Menschen, die nicht zu den Waffen greifen und die vor dem Horror in
die Nachbarländer fliehen. Sie brauchen Kleidung, Nahrung,
Medikamente, Zelte. Langfristig ist andere Hilfe nötig: Wenn
irgendwann die Waffen schweigen, wird Syrien ein Land sein, in dem
tiefe Gräben zwischen Volksgruppen, Religionen und Konfessionen
aufgebrochen sind. Dann werden die Menschen dort Hilfe beim
Wiederaufbau und beim Versöhnungsprozess brauchen. Dafür muss die
Staatengemeinschaft schon heute planen.

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