NRZ: Merkels krumme Linie – von Miguel Sanches

Angela Merkel hat eine Linie. Seit dem Ausbruch der
Euro-Krise pocht sie darauf, dass Europa aufhört, über seine
Verhältnisse zu leben. Sie hat ein Druckmittel: Deutsches Geld gegen
Reformen. Es ist klar, dass sich die Kanzlerin taub stellt, wenn
andere fordern, den ESM-Fonds aufzustocken. Das schließt nicht aus,
dass dieselbe Merkel, die heute Härte zeigt, morgen neues Geld
zuschießt. Es ist für sie eine Frage der Reihenfolge. Wenn die
Euro-Staaten einen Fiskalpakt in Kraft setzen und sich zur
Sparpolitik verpflichten, ist Merkel eher bereit, ESM aufzustocken.
Nicht vorher. Merkels Linie ist kein gerader Strich. Es ist, sagen
wir mal: eine Zickzack-Bewegung. In der Union schließt man nichts
aus. Den Wähler scheint das nicht zu stören. Er beurteilt Merkel nach
der Haltung und weniger nach der Handlung. Die „eiserne Kanzlerin“ –
das ist zugleich die Erzählung für 2013, für das Wahljahr. Die Union
hat einen Trumpf: Das ist Merkel. Und die hat eine Empfehlung. Es ist
ihr Krisenmanagement. Dazu kommt das unverschämte Glück, dass die SPD
pro-europäisch ist. Die SPD könnte davor warnen, die Deutschen zu
überfordern: Der Rettungssanitäter kann ja krank werden. Aber Merkel
hat sich auch das Argument gerade zu eigen gemacht. Das bisschen
Opposition besorgt sie selbst.

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