Wenn heute über die Rettung des Euro abgestimmt
wird, steht auch die Stabilität der Regierungskoalition auf dem
Prüfstand. Mit Spannung wird erwartet, ob Angela Merkel noch auf
eine Kanzlermehrheit zählen kann. An den Rand gerückt ist die viel
wichtigere Entscheidung, ob es lohnt, ungeheure Milliardensummen aus
deutschen Steuergeldern an befreundete, aber schwer zu
kon-trollierende Staaten zu geben. Eine Antwort auf diese Frage zu
geben, ist für die Abgeordneten des deutschen Bundestags eine höchst
anspruchsvolle und ernste Angelegenheit.
Es geht nicht nur um die Wirtschaft Griechenlands, sondern auch um
das Wohlergehen der deutschen Bürger. Womöglich ist diese Perspektive
bei vielen Mandatsträgern aus dem Fokus geraten. Stattdessen
beherrschen Argumente der Machtpolitik die Diskussion. Das ist
bedauerlich, aber die Realität der Berliner Republik: Sachfragen
werden nicht mit kühlem Kopf, sondern heißem Herzen angegangen.
Abgesehen davon, geht es um eine historische Entscheidung. Deshalb
braucht die Kanzlerin in dieser für Europa und die Weltwirtschaft
bedeutsamen Abstimmung, nicht irgendeine, sondern die eigene
Mehrheit. Es sieht so aus, als könnte es ihr in letzter Sekunde
gelingen, genügend Stimmen der Koalition zu mobilisieren. Knapp, aber
ausreichend.
Dass dies als starkes Signal für Angela Merkel gewertet würde,
lässt erkennen, wie angeschlagen die Bundesregierung wirklich ist.
Käme die Mehrheit nicht zustande, wäre die Kanzlerin angezählt. Jede
weitere Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm wäre zumindest
indirekt mit der Vertrauensfrage verbunden. Früher oder später müsste
diese im Parlament tatsächlich gestellt werden.
In der Bevölkerung ist sie längst beantwortet. Schon lange fehlt
es den Bürgern an Vertrauen in die Bundesregierung – und dieser ganz
offensichtlich das Selbstvertrauen in die eigene Politik. Die Wähler
haben die quertreiberische FDP bereits auf das Niveau einer
Splitterpartei herabgestuft. In dieser Situation schlägt für Angela
Merkel heute die Stunde der Wahrheit, aber für die Koalition gewiss
nicht das letzte Stündlein. Weder CDU noch FDP werden mit
prognostizierten gemeinsamen 33 Prozent Neuwahlen provozieren.
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