Die Schweizer sind mit ihrem Votum für eine
kanalisierte Zuwanderung aus der EU ein hohes Risiko eingegangen.
Eine Regierung, die das Gegenteil wollte, muss jetzt das Kunststück
fertig bringen, der eigenen Wirtschaft den freien Zugang zum
EU-Binnenmarkt zu erhalten und zugleich für Deutsche, Italiener und
andere Menschen aus eben diesem Binnenmarkt Zugänge in die Schweiz zu
sperren. Dass die EU, die das Szenario gleichfalls nicht wollte, bei
der Suche nach dem Stein der Weisen sonderlich kooperativ ist, darf
man nicht erwarten.
Denn in Sachen Freizügigkeit steht die EU mit dem Rücken zur Wand.
Das dumpfe Gefühl, Europa bedeute, nicht mehr Herr im eigenen Haus zu
sein, sucht nicht nur Eidgenossen heim. Auch in den EU-Staaten geht
die Tendenz dahin, im EU-Ausländer eher den Fremdling als den
Unionsmitbürger zu sehen. Das Beispiel der Schweiz zeigt, wie schwer
es ist, diesem Instinkt mit Statistik und Kosten-Nutzen-Theorien
beizukommen. Die Vernunft ist abstrakt, der überfüllte Bus und die
zersiedelte Landschaft sind konkret. Der Bürger, von Hause aus nur
selten Politologe, hält sich an Letzteres.
In einem idealen Szenario mögen die Schwierigkeiten, mit denen die
Schweiz sich jetzt herumzuschlagen hat, den EU-Bewohnern abschreckend
vor Augen führen, wie steinig der Weg zurück zu mehr Abschottung ist.
Das Risiko ist indes groß, dass zunächst auch in der EU diejenigen
Auftrieb bekommen, die glauben, die lästigen Seiten der
Anziehungskraft auf Dritte könne man mittels Quoten-Bürokratie
wegregulieren.
Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion
Telefon: 0201/8042616
Weitere Informationen unter:
http://