Ein Jahr vor der Bundestagswahl war gestern in der
Länderkammer zu besichtigen, wie der Zusammenhalt im schwarz-gelben
Lager bröckelt. Die Ländermehrheit für eine gesetzliche Frauenquote,
nur mithilfe von zwei CDU-Ministerpräsidenten ermöglicht, setzt die
Koalition unter Druck – auch im Bundestag ist ja ein Teil der Union
für den Vorstoß. Noch brisanter ist der drohende Konflikt um den
Mindestlohn: Ausgerechnet das CDU-geführte Thüringen hat im Bundesrat
gegen den Willen der Kanzlerin die Initiative für die Einführung
eines gesetzlichen Mindestlohns ergriffen, die bei den Ländern viel
Zustimmung erfährt. Die Regierung aber lehnt wieder ab. Zunehmend
deutlich wird so, wie groß die Risse im Regierungsbündnis sind. Und
es geht ja weiter: Die von Schwarz-Gelb geplante Steuerentlastung
dürfte im Bundesrat unter diesen Umständen auch an CDU-Ländern
scheitern. Gleiches droht bei der Senkung des Rentenbeitrags. Die SPD
kann sich freuen. Der Regierung gelingt kaum noch etwas in der
Länderkammer, doch ein Blockadevorwurf ist den Sozialdemokraten nicht
zu machen. Im Gegenteil, sie setzen geschmeidig mal auf Widerstand,
mal auf Kooperation. Die SPD weiß, dass sie womöglich in einem Jahr
in einer Großen Koalition im Bund mitregiert. Was im Bundesrat jetzt
passiert, sieht wie das Vorspiel dafür aus. Ist es Zufall, dass die
Entwicklung aktuell auch Sozialministerin von der Leyen in die Hände
spielt? Ihre Kritiker in der Union haben sie längst im Verdacht,
heimlich ein Bündnis mit der SPD schmieden zu wollen. Wenn sich jetzt
CDU-Ministerpräsidenten von der Leyens Kampf für Frauenquote und
Mindestlohn anschließen, ist das eine wichtige Rückendeckung für die
Ministerin. Die Kanzlerin sollte alarmiert sein. Mit den neuen
Allianzen schwindet ihre Autorität, vorerst in der wichtigen
Sozialpolitik.
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