NRZ: Schwarz-Rot braucht einen Neuanfang – ein Kommentar von JAN JESSEN

Die Große Koalition regiert Deutschland seit gerade
einmal acht Wochen. Und doch hat es Schwarz-Rot geschafft, in dieser
kurzen Zeit so ziemlich alle Vorurteile von Politikerverdrossenen zu
bedienen. Die Großkoalitionäre zanken sich auf nahezu allen
relevanten Themengebieten, relativieren Vereinbarungen, die während
der Koalitionsverhandlungen getroffen wurden und sind sich lediglich
einig bei der üppigen Erhöhung ihrer Bezüge. Der Fall Edathy treibt
das Trauerspiel auf die Spitze. Da erwecken Politiker den Eindruck,
sie würden glauben, dass sie über dem Gesetz stehen; sie agieren
tölpelhaft, intrigieren und klammern sich an Posten. Ein unsagbar
klägliches Bild. Und was macht eigentlich Angela Merkel? Die Politik
der ruhigen Hand, mit der die Kanzlerin die Bürger in den vergangenen
Jahren eingenommen hat, ist zu einer Karikatur ihrer selbst geworden
und wirkt nicht erst seit dem Fall Edathy wie die Politik der
gelähmten Hand. Führungsverantwortung bedeutet eben auch, machtvoll
einzuschreiten, wenn es brennt – und es brennt lichterloh in dieser
jungen Großen Koalition. Was Schwarz-Rot jetzt braucht, ist ein
klarer Schnitt. Zunächst einmal den Rücktritt von Thomas Oppermann
als SPD-Fraktionsgeschäftsführer; das wäre eine vertrauensbildende
Maßnahme, um in den eigenen Reihen wieder Frieden einkehren zu
lassen. Die Große Koalition braucht aber auch einen inhaltlichen
Neustart, endlich Einigkeit auf den wichtigen Politikfeldern. Sie
haben mehr als genug Vertrauen der Wähler verspielt.

Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Weitere Informationen unter:
http://