NRZ: Sender dürfen nicht zur Beute von Parteien werden – ein Kommentar von PETER TOUSSAINT

Es ist nichts dagegen zu sagen, dass Politiker bei
ARD und ZDF mitreden. Aber reinreden sollen sie nicht. Und schon gar
nicht kritische Berichte aus dem Programm kippen. Oder willfährige
Parteisoldaten in den Schaltstellen der Sender platzieren. Es gibt
deutliche Anzeichen dafür, dass Parteien sich mehr herausnehmen, als
die Regeln des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ihnen zugestehen.
Nicht nur in Bayern.

Dafür, dass wir ein öffentlich-rechtliches Rundfunksystem mit
politischer und gesellschaftlicher Aufsicht bekamen, haben nach dem
Krieg die Briten und die Amerikaner gesorgt. Nie wieder sollte der
Rundfunk in Deutschland zu Propagandazwecken missbraucht werden. Ein
ganzes Volk hatte in der Nazi-Zeit vor den Volksempfängern gesessen
und war falsch informiert, fehlgeleitet und aufgehetzt worden. Der
neue Rundfunk der Bundesrepublik sollte unabhängig vom Staat sein,
von den Bürgern über ein Gebührensystem finanziert und von der
Gesellschaft kontrolliert werden. Diese Idee ist Grundlage und
Auftrag für die Rundfunkräte. Dort sitzen die Vertreter
gesellschaftlicher Gruppen und gewählte Vertreter der Landtage.

48 Mitglieder hat zum Beispiel der WDR-Rundfunkrat. Kirchen,
Gewerkschaften, Arbeitgeberverband, Landwirtschaftsverband,
Landessportbund, Behindertenverband und Verbraucherzentralen
entsenden ihre Vertreter: insgesamt 21 „relevante Gruppen“. Und
gleich 14 Mitglieder wählen die Fraktionen im Landtag. Das ist eine
Macht. Das ist zu viel Macht für die Parteien!

Alle Parteien verlieren Mitglieder; sie verlieren Rückhalt in der
Bevölkerung. Es ist nicht länger zu rechtfertigen, dass sie einen so
großen Einfluss in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
haben. Die Tatsache, dass sie sich dort so breit machen konnten,
nährt den Verdacht, dass sie ihre Macht für den parteipolitischen
Einfluss auf Programminhalte missbrauchen. Das muss verhindert
werden: durch einen neue Sitzverteilung in den Rundfunkräten. Und
durch mutige, selbstbewusste Journalisten in den Sendern.

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