NRZ: Taktischer Umgang mit der Wahrheit – ein Kommentar von MIGUEL SANCHES

Wer das Parlament belügt, redet sich um Kopf und
Kragen. Weil er das weiß, ließ Innenminister Thomas de Maizière (CDU)
den Vorwurf der Täuschung in der NSA-Affäre auch nicht lange
unwidersprochen stehen. Bei ihm muss man zwischen zwei Vorgängen
trennen. 2008 wurde er als Kanzleramtschef für eine USA-Reise darüber
informiert, dass die NSA bei Abhöraktionen zu forsch, übergriffig und
(daten)gierig war. Es war der herrschende Eindruck von den USA, ihr
Tick, spätestens seit dem 11. September. Doch machte der BND den
Eindruck, alles unter Kontrolle zu haben. De Maizière sollte es
gelingen, Fragen zu dieser Zeit auch schlüssig zu beantworten.

Heikler ist das Informationsverhalten heute. Am 12. März erhärtete
sich der Verdacht, dass die NSA den BND auch für Wirtschaftsspionage
benutzen wollte. Die Beteuerung, man habe „wenige Tage“ später das
parlamentarische Kontrollgremium eingeweiht, ist ein Witz. In
Wahrheit vergingen nahezu sechs Wochen. In dieser Zeit stellte man
sich bei einer Anfrage im Bundestag obendrein dumm. Den taktischen
Umgang mit der Wahrheit hat die Regierung auf ihre Kappe genommen.
Das ist formal richtig und diente dazu, de Maizière in Schutz zu
nehmen.

Das wäre nur recht und billig, wenn sich herausstellen sollte,
dass das Kanzleramt die Schwachstellen-Analyse beim BND für sich
behielt. Das würde bedeuten, dass man de Maizière im Stand der
Halbwahrheit und so ins offene Messer laufen ließ.

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