NRZ:Über den Euro nachdenken – Kommentar von Lothar Petzold

Vor gar nicht allzu langer Zeit wäre man in die
nationalistische Ecke verbannt worden, hätte man am Euro Zweifel
geäußert. Angesichts der Entwicklungen in Griechenland ist ein
Nachdenken über den Sinn der Währungsunion wieder erlaubt. Der
Historiker Arnulf Baring bezeichnet den Euro als „eine Schnapsidee“.
Der Schweizer Börsenguru Marc Faber meint: „Es wäre sogar das Beste,
die Euro-Zone ganz aufzulösen“. Und der ehemalige Chef des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Olaf Henkel, fordert, zwei
verschiedene Währungen einzuführen: einen Nord- und einen Süd-Euro.
Fest steht, dass Griechenland pleite ist. Immer wieder neue Kredite
zu gewähren, hieße, gutes Geld dem schlechten hinterher zu werfen.
Das hilft letztlich auch Griechenland und seiner Bevölkerung nicht.
Die strengen Sparauflagen, die dem Land verpasst wurden und werden,
würgen die Wirtschaft, das Leben dort ab. Der Euro macht eben nicht,
wie immer wieder von interessierter Seite behauptet wird, den Frieden
sicherer. Wut über eine vermeintliche Bevormundung durch andere
Euro-Staaten kommt hoch. Griechenland kommt mit dem Euro nicht
zurecht. Das geht zwar anderen, zumeist südeuropäischen Ländern auch
so, aber die Hellenen sitzen besonders tief im finanziellen Sumpf.
Mit einer eigenen, den ökonomischen Gegebenheiten angepassten Währung
könnte Griechenland neue Chancen am Weltmarkt suchen. So könnte mit
einer niedrig bewerteten Drachme der Export und damit die Wirtschaft
angekurbelt werden. Griechische Güter würden auf dem Weltmarkt
konkurrenzfähiger. Und auch die wichtige Einnahme-Quelle „Tourismus“
würde einen gewaltigen Schub bekommen, da der Urlaub in Griechenland
billiger würde. Indes müsste ein Griechenland-Ausstieg von
Schuldenerlassen begleitet werden, um dem Land eine neue Startchance
zu geben. Was aber wird, wenn weitere Länder den „griechischen Weg“
gehen? Wie lange wollen wir an einer Währungsunion festhalten, die
offensichtlich nicht für alle Teilnehmer geeignet ist? Verwerfungen,
Unfrieden und immer wieder neue Stützungszahlungen sind programmiert.
Der Fall Griechenland bietet jetzt die Chance, über den Euro neu und
unvoreingenommen nachzudenken.

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