NRZ: Von der Hand in den Mund – ein Kommentar von PETER HAHNE

Die Rentenversicherung schwimmt in Geld. Rund 30
Milliarden Euro Reserven wird sie bis Ende des Jahres angehäuft
haben, weil der Arbeitsmarkt gut läuft. Wenn die Bundesregierung
jetzt also die Beiträge senken will, folgt sie damit nur dem Gesetz
und auf den ersten Blick auch der ökonomischen Vernunft. In Wahrheit
ist die Beitragssenkung jedoch kurzsichtig und unvernünftig.

Richtig ist: Die Senkung fällt mit mehr als fünf Milliarden Euro
ansehnlich aus. Bricht man den Betrag indes auf einzelne Beschäftige
herunter, bleibt im Schnitt eine bescheidende Entlastung von weniger
als acht Euro im Monat. Ob das die Binnenkonjunktur ankurbeln wird?
Wohl kaum. Analog verhält es sich auf Arbeitgeberseite. Kein
Unternehmen wird wegen ein paar Euro Kostenersparnis im Monat mehr
Leute einstellen. Niedrigere Rentenbeiträge haben damit nur eine
symbolische Bedeutung – und hängen mehr mit den Wünschen der
Arbeitgeber, der FDP und mit der nächsten Bundestagswahl als mit
kluger Politik zusammen.

Es sei daran erinnert: Das Finanzpolster der Rentenkasse betrug
Mitte der neunziger Jahre noch bis zu drei Monatsausgaben. Die
Rentenkasse war so gut gewappnet gegen Konjunktureinbrüche. Heute
müssen 0,2 Monatsausgaben als Mindestreserve ausreichen. Das ist
keine solide Politik. Denn es könnte durchaus sein, dass alsbald auch
Deutschlands Wirtschaft in eine Krise gerät. Die eben gesenkten
Beiträge müssten dann ausgerechnet im Abschwung wieder steigen. Nein,
„von der Hand in den Mund“ ist kein vernünftiges Geschäftsmodell für
die wichtigste deutsche Sozialversicherung. Schwarz-Gelb täte gut
daran, Vorsorge für schlechte Zeiten zu treffen.

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