NRZ: Vorwärts im Krebsgang – ein Kommentar von MIGUEL SANCHES

Manchmal handelt man im Affekt. Auch Regierungen.
Angela Merkels Atomausstieg nach der Katastrophe von Fukushima war so
ein Beispiel. Auch ihr Irak-Krisenmanagement ist, sagen wir mal:
situative Politik. Im Krebsgang geht es voran, mehr seit- und
rückwärts als geradeaus. Die USA, schuldig an der Instabilität im
Irak, sind diesmal klar. Präsident Obama will eine Art Kalifat im
Irak verhindern und hat reagiert: schnell, militärisch, druckvoll und
effektiv. Zehntausenden Jesiden gelang es, über das Sindschar-Massiv
zu flüchten. Der Vormarsch der IS-Terroristen wurde gebremst und
Iraks Präsident Maliki weggedrängt. In Berlin wurde die Regierung von
den Ereignissen überrollt. Erst wollte sie humanitäre Hilfe leisten,
dann nur nicht-tödliche Waffen (seltsame Wortschöpfung) liefern,
zuletzt schloss Merkel nichts mehr aus. Fazit: Viel
Gewissensberuhigung. Und noch mehr: Verschleierung.

Nehmen wir die Kanzlerin mal beim Wort: „Wir nutzen den Spielraum,
den uns der politische und rechtliche Rahmen für Rüstungsexport
gibt.“ Das suggeriert, es gäbe einen Rahmen – und damit Grenzen des
Handelns. Aber wenn die Woche eine Klarheit erbracht hat, dann die:
Beim Rüstungsexport liegt die Messlatte so hoch, dass man darunter
hindurch durchschlüpfen kann. Die Regierung kann exportieren, was sie
für politisch geboten hält und begründen kann. Mit dem Hinweis auf
einen drohenden Völkermord kann man alles rechtfertigen.

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