NRZ: Was wird aus Thyssen-Krupp? – Ein Kommentar von Manfred Lachniet

Das Christkind backt Plätzchen, sagen die Kinder,
wenn Duisburgs Hochöfen von Thyssen-Krupp auf Hochtouren laufen. Bis
zum Niederrhein und in die andere Richtung bis nach Mülheim glüht der
Himmel dann orange-rot. Doch in diesen Tagen zeigt der
milliardenschwere Konzern alles andere als ein romantisch gefärbtes
Bild. Thyssen-Krupp steckt in einer schlimmen Krise. Erst vorgestern
wurden drei Top-Manager vor die Tür gesetzt – ein einmaliger Vorgang.
Bei der Belegschaft herrscht Angst um die Arbeitsplätze.

Ein Grund für die Misere liegt in einer sumpfigen Bucht in
Brasilien. Ausgerechnet hier dachten sich die Manager ein Stahlwerk
aus, das den US-Markt versorgen sollte. Billiger und besser als in
Duisburg sollte in der Bucht produziert werden. Der Traum wurde zum
Albtraum: Es fing damit an, dass man lieber einen chinesischen
Billiganbieter bauen ließ als die hauseigene Top-Firma Uhde. Dann
kamen Fehlplanungen, Miss-Management und null Ahnung von den
örtlichen Verhältnissen dazu. Zusatzkosten wuchsen in
Milliarden-Höhen. Heute versucht man das Werk loszuwerden und bietet
es an wie sauer Bier. Klar ist jetzt bereits: Man wird auf Milliarden
Euro Verlusten sitzen bleiben. Ein Desaster. Die Frage nach den
Schuldigen ließ die Thyssen-Krupp-Zentrale beben: Vorstand Ekkehard
Schulz erhielt damals den Schwarzen Peter, ansonsten fühlte sich
niemand richtig zuständig. Das kann keine Lösung sein.

Heinrich Hiesinger als neuer Vorstandschef muss daher den
Befreiungsschlag versuchen. Der Rausschmiss von drei Top-Managern
(die sicherlich weich fallen) ist dabei nur ein Akt. Viel wichtiger
ist die Frage, was aus Thyssen-Krupp wird. Die Ausrichtung zur
Technologie ist wohl richtig – aber was wird dann aus dem Stahl?
Laufen unsere Hochöfen auch noch in zehn Jahren? Oder ist die
Finanzlage so schlimm, dass man etwa unter das rettende Dach eines
Konzerns wie Siemens schlüpfen muss? Es wäre ein Horror-Szenario für
unsere Region. Und natürlich ebenso für die vielen tausend
Mitarbeiter und ihre Familien. Vor allem sie müssen Aufsichtsrat und
Vorstand im Blick haben. Denn diese Menschen haben in der
Vergangenheit beide Unternehmen – Thyssen und Krupp – nach vorn
gebracht. Es darf nicht sein, dass ausgerechnet sie für die Fehler
einiger Manager büßen müssen.

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