NRZ: Wir dürfen für den Papst dankbar sein – Kommentar zum Rücktritt Benedikts

Zum Ende seines Pontifikats ist der Jubel
riesengroß. Benedikt XVI. hat den Beifall verdient. Mit einer letzten
Audienz auf dem Petersplatz hat sich Joseph Ratzinger von den
Gläubigen verabschiedet; ganz so, wie man ihn kennt: dezent und
altersweise. Es war wiederum ein historischer Moment. Erstmals
emeritiert die katholische Kirche der Moderne den Papst. Dieser immer
noch schwer fassbare Rücktritt ist eine große Demutsgeste, die den
Charakter Joseph Ratzingers widerspiegelt. Er ist eben keine
„Panzerpapst“, noch nicht einmal ein Kirchenfürst, sondern er hat bis
zum überraschenden Schluss wahr gemacht, was er zu Beginn seiner
Amtszeit angekündigt hatte: Er ist ein bescheidener Arbeiter im
Weinberg des Herrn.

Er hat nie seine Person in den Vordergrund gestellt, sondern Gott.
Eine bewundernswerte Haltung in einem Amt, das viele Menschen mit der
Aura des Überzeitlichen und Heiligen verbinden. Benedikt XVI. war
kein Liebling der Medien, kein Star wie sein Vorgänger. Gleichwohl
sah er die Notwendigkeit der öffentlichen Zurschaustellung, jedoch
allenfalls als Mittel zum Zweck der Evangelisierung. Ihm selbst war
es stets suspekt, von einer Menschenmenge angestarrt zu werden wie
eine Berühmtheit. Notgedrungen hat er Massen-Messen mitgemacht, denn
Katholiken praktizieren ihren Glauben nicht nur im stillen Kämmerlein
– sie wollen ihn feiern und zelebrieren.

Nun ist das Unglaubliche Tatsache: Der Heilige Vater zieht sich
zurück. Er sagt selbst, er wolle von nun an „für die Welt verborgen
sein“. Schwer fällt ihm der Abschied vom Thron des Kirchenführers
nicht. Anders als viele seiner Vorgänger war Benedikt XVI. an Macht
wenig interessiert.

Besonders das politische Intrigenspiel, im Vatikan Volkssport
Nummer 1, war ihm zuwider. Managementfehler hat man ihm deshalb
vorgeworfen. Mag sein, dass er seine Mitstreiter in der Kurie hätte
strenger führen müssen. Aber Petrus war ja selbst ein fehlerhafter
Mensch und doch der Fels, auf dem die Kirche gebaut wurde. Benedikt
hat sich um Machtpolitik nicht gekümmert. Er blieb seinem Papstmotto
„Cooperatores veritatis – Mitarbeiter der Wahrheit“ treu und
versuchte weltweit, für die Schönheit der katholischen Religion zu
werben. Dass diese Neu-Evangelisation auch in Deutschland Not tut und
nicht selten in den Kirchengemeinden beginnen muss, ist eine bittere
Realität. Für den scheidenden Papst war das aber kein Grund zur
Verzweiflung. Die Menschen im Glauben zu stärken, ist ja der
ursprüngliche Petrusdienst.

Was bleibt von Benedikt? Ein beeindruckendes theologisches Werk,
das es vermochte, Vernunft und Glaube, Wissenschaft und Religion zu
versöhnen. Auch in der Welt rückte er stets das Verbindende, nicht
das Trennende in den Mittelpunkt. Das galt für Staaten wie für
Religionen. Mit Judentum, Orthodoxie und Islam pflegte er einen
intensiveren Dialog als sein Vorgänger.

Historisch ist sein Amtsverzicht. Ausgerechnet Joseph Ratzinger,
der durch das Vorurteil als Panzerkardinal denunziert wurde, hat das
Papstamt menschlicher gemacht. Die Möglichkeit des Rücktritts wird
von nun an alle zukünftigen Pontifikate begleiten. Benedikt soll
gesagt haben: „Ich glaube, es reicht, was ich getan habe.“
Tatsächlich war es viel mehr, als alle Welt erwartet hatte, und wir
dürfen für diesen großen Papst aus Deutschland dankbar sein.

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