Wer glaubte, Zehntausende Atomkraftgegner auf
Äckern und Schienen im Wendland könnten die Politik zur Umkehr, ja
wenigstens zum Nachdenken bewegen, sieht sich bereits am Tag eins
nach der Ankunft der strahlenden Fracht enttäuscht. Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) hält eisern am Ausstieg aus dem Atomausstieg
fest. Die FDP verweist auf die ergebnisoffene Untersuchung des
Endlagers Gorleben. Die Grünen sind noch völlig besoffen vom Gefühl,
nach Jahren der tatenlosen Regierungsbeteiligung endlich wieder eine
Protest-Partei zu sein. Und Sigmar Gabriel übt sich in dem, was er
fraglos am besten kann: im Poltern. Glaubt man dem SPD-Chef,
schmiedet die Bundesregierung heimlich den Plan, Deutschlands
gesamten Atomschrott an die Russen zu verscherbeln und in der
sibirischen Tundra zu versenken. Dass dies laut Gesetz gar nicht
erlaubt ist, sagt Gabriel natürlich nicht.
An der Lösung des Grundproblems zeigt dagegen kaum jemand
ernsthaft Interesse. Wohin soll der gefährliche Müll denn nun
wirklich? Ist Gorleben als Endlager überhaupt geeignet? Müssen nicht
doch auch andere Standorte geprüft werden? Solange eine
Bundesregierung nach der anderen (inklusive Rot- Grün) diese
drängenden Fragen immer wieder auf die lange Bank schiebt, wird es
keinen gesellschaftlichen Atom-Konsens mehr geben. Die Atmosphäre ist
vergiftet. Denn wenn Gorleben eines gezeigt hat, dann doch dies:
Viele Bürger haben es satt, auf später vertröstet zu werden, statt im
Hier und Heute zu diskutieren. Bei den Parteien regiert dagegen
allein die Angst vor der nächsten Wahl.
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Ostsee-Zeitung
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