Ostsee-Zeitung: Kommentar zum Trojaner aus Bayern

Der Staatstrojaner trägt Weiß-Blau, er ist ein
Bayer. Joachim Herrmann, der Innenminister des Freistaats, beendete
gestern am späten Nachmittag das Rätselraten um die Herkunft der
Spionagesoftware, deren Enttarnung seit Sonntag Politik und
Öffentlichkeit elektrisiert hatte. Die CSU-geführte Landesregierung
hält sich ja für besonders fix. Bei der Suche nach dem Absender des
Computervirus zeigte sie jedoch eine auffallend lange Leitung. Das
Bekenntnis zur Urheberschaft kam erst, als die Indizien kaum noch
einen anderen Schluss zuließen. Ob beim Einsatz des Spähprogramms
alles mit rechten Dingen zugegangen ist, wie Herrmann nun beteuert,
wird sich zeigen. Kann sein, muss nicht sein. Der enttarnte Trojaner
konnte offenkundig sehr viel mehr, als über das Internet geführte
Telefonate zu protokollieren. Kaum etwas gibt so umfassend Auskunft
über einen Menschen wie sein privater PC. Zu Recht haben die
Karlsruher Richter einen technischen und rechtlichen Riegel gegen ein
Ausspähen verlangt. Das Auffliegen des Bayern-Trojaners macht eine
neue Debatte fällig, wie das gewährleistet werden kann. Das Internet
darf kein Tummelplatz für ungestörte kriminelle Geschäfte sein, schon
wahr. Aber es darf genauso wenig zu einer Grauzone verkommen, in der
die Technik die Standards einer ausnahmsweise zulässigen und
begrenzten Kontrolle setzt und rechtliche Grenzen nur auf dem Papier
stehen.

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Jan-Peter Schröder
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