Ostthüringer Zeitung: Jörg Riebartsch kommentiert: Tibetische Gebetsmühlen

Ein Mosaikstein, weshalb die Politikverdrossenheit in
Deutschland steigt und die Wahlbeteiligung sinkt, ist die
Vorhersehbarkeit im politischen Betrieb, der Einsatz tibetischer
Gebetsmühlen. Obwohl Letztgenannte ja wenigstens der
geistig-spirituellen Erbauung dienen könnten. Könnten. Denn wie nicht
anders zu erwarten, ist nach den Terroranschlägen von Paris in Berlin
die tibetische Gebetsmühle angeworfen worden, von Bundeskanzlerin
Angela Merkel höchstpersönlich. Wenig erbaulich, denn sie hat die
sowohl vor dem Bundesverfassungsgericht als auch vor dem Europäischen
Gerichtshof abgemeierte deutsche Vorratsdatenspeicherung aus der
Mottenkiste hervor gekruschelt. Leider ist es aber nicht so einfach,
wie Merkel und die Innenminister sich die Welt schönreden wollen: Das
systematische und massenhafte Abspeichern von Telefon- und
Internetdaten allein verhindert nämlich noch keinen Terrorismus. Es
hapert doch an der Verarbeitung, Nutzung und Umsetzung der
Informationen über Terroristen. Das ist eine Lehre, die die Attentate
von Paris in Erinnerung gerufen haben. Die Informationen sind
verfügbar, bei Bedarf nach richterlichem Beschluss auch in
Deutschland. In Thüringen sogar auf bloßes Handeln der Polizei hin,
denn hierzulande gilt immer noch das schärfste Polizeigesetz.
Vorteile daraus sind bislang allerdings nicht bewiesen.

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