Frank-Walter Steinmeier war gestern in Afghanistan.
Es hat sich dafür die Formel vom „nicht angekündigten“, oder vom
„überraschenden“ Besuch eingebürgert. Der Begriff verschleiert die
Wahrheit. Auch nach 13 Jahren Militäreinsatz ist die Lage so prekär,
dass jede Reise top secret ist und der Außenminister sich nicht
traut, es wie jedes andere Land zu besuchen.
In Afghanistan sorgte Steinmeier für die Untertreibung des Jahres.
O-Ton: „Wir haben nicht alles das erreicht, was wir uns vorgestellt
haben.“ Mit dem Wissen von heute hätte man 2001 die Bundeswehr nie in
Marsch setzen dürfen. Es hat zu viel Blut und Geld gekostet, es war
de facto eine Affekthandlung – und naiv. Es gibt Erfolge, aber sie
sind sehr brüchig.
„Nichts ist gut in Afghanistan“ – so lautete der Befund von
Bischöfin Margot Käßmann am Heiligabend 2009. Er sei vielleicht
überpointiert gewesen, „aus heutiger Sicht aber nicht weit von der
Realität entfernt“, schrieb erst vor ein paar Tagen der frühere
Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier. Sein Aufsatz trägt die
Überschrift „echter Frieden lässt sich von außen kaum erzwingen“ und
hebt sich wohltuend ab von den aktuellen Fantasien über ein Ende der
deutschen „Zurückhaltung“.
Bis heute hat Afghanistan keiner Folgemission zugestimmt. Der
deutsche Minister hat Präsident Karsai gebeten, „baldmöglichst“ ein
Truppenstatut unterzeichnen. Karsai, wusste Steinmeier noch zu
erzählen, habe aber keinen Termin genannt.
Wir müssen Afghanistan nicht zum Glück zwingen. Und vor allem
sollten wir das F-Wort nicht länger scheuen. F wie Fehlschlag. Nichts
ist gut in Afghanistan. Käßmann hatte Recht.
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