Ostthüringer Zeitung: Miguel Sanches kommentiert: Schwieriger Freund Israel

Der Respekt steht außer Frage, die Wertschätzung
auch. Davon zeugt schon der protokollarische Aufwand. Nahezu das
gesamte Kabinett begleitet Kanzlerin Angela Merkel nach Jerusalem.

Große Gesten, schöne Worte, und doch trügt der Schein. Die
Beziehungen sind keinesfalls in einem idealen Zustand. So empfinden
es zumindest die Israelis. Sie fühlen sich zu oft unverstanden und
allein gelassen. Diese Stimmung kommt gerade ziemlich ungelegen.
Schließlich steht 2015 ein Jubiläumsjahr an: 50 Jahre diplomatische
Beziehungen zu Israel.

An Signalen und Projekten des guten Willens mangelt es
gegenseitig nicht: Es ist auch nicht schwer, sich in Detailfragen zu
verständigen. Es ist vielmehr sogar geboten, den Blick nach vorn zu
richten, übe die Zusammenarbeit zu reden, statt immer nur über den
Nahost-Konflikt zu streiten oder über die Vergangenheit zu
diskutieren.

Aber: Beim Grundkonflikt um die israelische Siedlungspolitik
kommen beide Seiten nicht zusammen.Die Regierung in Jerusalem schafft
immer mehr Fakten. Sie sind eine Hürde, um schnell eine stabile
Zweistaatenlösung zu erreichen. So sieht es Merkel. Und dieser
Dissens mit Ministerpräsident Netanjahu bleibt; darin wird auch diese
Reise nichts ändern.

Die Israelis nehmen in allen Fragen der Sicherheit eine harte
Position ein, nicht nur im Nahen Osten, sondern auch im
Iran-Konflikt. Sie müssen bisweilen davor geschützt werden, sich
international selbst zu isolieren. Sie sind ziemlich schwierige
Freunde.

Von Angela Merkel erwarten sie eine uneingeschränkte Solidarität,
die totale Parteinahme für Israel. Da kommt die Geschichte ins Spiel,
die Psychologie, die deutsche Befangenheit. Es ist gewiss deutsche
Staatsräson, Israel zu unterstützen und zu schützen. Aber es muss
möglich bleiben, die Israelis auch zu kritisieren, von ihnen mehr
Kompromissbereitschaft, mehr politische Fantasie zu verlangen.

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