Der Geraer Stadtrat hatte sich gegen einen Verkauf
der Stadtwerke-Anteile an der Wohnungsbaugesellschaft Elstertal
ausgesprochen: Nun nimmt der vorläufige Insolvenzverwalter Michael
Jaffé einen neuen Anlauf. Der Gläubigerausschuss hat einstimmig den
Insolvenzanwalt bestätigt und der Investorensuche zugestimmt. Das
berichtet die Ostthüringer Zeitung (Mittwochausgabe.)
„Es ist uns bewusst, dass es sich dabei um ein sehr sensibles
Thema handelt“, sagte Jaffé, der gerade ein Sanierungskonzept
erarbeitet. Arbeitstitel: „Stadtwerke 2.0“. Ziel sei es, einerseits
Vermögenswerte für die Gläubiger zu erhalten, andererseits Gera die
Möglichkeit einzuräumen, die Daseinsvorsorge weiter in der eigenen
Hand zu behalten. Beteiligungen, die nicht in unmittelbaren
Zusammenhang damit stehen, sollen indes mittelfristig verwertet
werden.
Als eine solche Beteiligung macht Jaffé die GWB
Wohnungsbaugesellschaft Elstertal mit 7000 Wohn- und Gewerbebauten
aus, an der die Stadtwerke 74,9 Prozent halten. Die übrigen Anteile
liegen in den Händen der Stadt Gera. „Dabei geht es nicht um den
Verkauf von Wohnungen oder einzelnen Immobilien, sondern wir wollen
einen geeigneten Partner für die Stadtwerke-Beteiligung an der GWB
Elstertal identifizieren“, sagt Jaffé der Ostthüringer Zeitung. Ob
es zu einem Einstieg oder Verkauf komme, hänge davon ab, ob das
Konzept des potenziellen Erwerbers im Interesse der Gläubiger und der
Stadt sei. „Deshalb werden wir diese Gespräche in enger Abstimmung
mit der Stadt Gera und ohne Zeitdruck führen.“
Wie lange die Investorensuche dauere, lasse sich noch nicht sagen.
„Eine mögliche Verkaufsentscheidung muss nicht im Laufe des
vorläufigen Insolvenzverfahrens fallen, so dass kein kurzfristiger
Handlungsbedarf besteht“, antwortete Stadtwerke-Sprecherin Sandra
Werner auf die Nachfrage der Ostthüringer Zeitung, was mittelfristig
bedeutet. „Dass dieser Prozess einige Zeit in Anspruch nehmen kann,
ist allen Partnern bewusst.“
Schon im Juni stand die Trennung von den Wohnungen zur Debatte.
Damals wollten die Stadtwerke mit einem Notverkauf der Anteile 30
Millionen Euro erlösen, um die Liquiditätslücke zu stopfen. Doch es
formierte sich im Stadtrat Protest über Parteigrenzen hinweg, so dass
die Mehrheit den Beschluss kippen ließ. Wussten die Kommunalpolitiker
nicht, dass hinter den Kulissen die Landesregierung bereits die
Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen als möglichen Käufer ins
Gespräch gebracht hatte? Die Wohnungen wären somit nicht an einen
Privatkonzern gegangen. Doch selbst davor bräuchten sich die Geraer
nicht zu fürchten: Schließlich orientiert sich der Mietpreis am
Markt. Einseitige Mieterhöhungen würden den anderen Vermietern in
der Stadt in die Karten spielen.
„Wir verschließen uns nicht prinzipiell einem Anteilsverkauf, wenn
die Sperrminorität der Stadt gewahrt bleibt“, sagt Linke-Stadträtin
Margit Jung. Als Käufer seien andere Geraer Wohnungsgesellschaften
oder andere Stadtwerke akzeptabel, nicht aber eine „Heuschrecke“.
Die Ankündigung des Insolvenzanwaltes stößt teils auf Unbehagen.
Ihre Fraktion werde „nicht tatenlos zusehen und abwarten, bis private
Konzerne sich in einem Insolvenzverfahren den Rest des städtischen
Vermögens aneignen“, sagt die Fraktionschefin der SPD, Monika
Hofmann. Sie sieht auch eine Überarbeitung des erst im Frühjahr
beschlossenen Nahverkehrsplanes kritisch.
Der Geraer Verkehrsbetrieb erstellt derzeit Nahverkehrsvarianten,
die mit weniger Zuschüssen als zuletzt 4,4 Millionen Euro pro Jahr
auskommen. „Klar ist jetzt schon, dass der öffentliche
Personennahverkehr in Gera – wie im Übrigen fast überall in
Deutschland – weiter ein Zuschussbetrieb bleiben wird“, sagt Jaffé.
„Welche Leistungen der Verkehrsbetrieb in Zukunft erbringen kann und
soll, wird letztlich von den Finanzierungsmöglichkeiten und der
Entscheidung der Stadt Gera abhängen.“
Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos) hatte gegenüber der
Ostthüringer Zeitung schon angekündigt, dass sie einen
Fünf-Minuten-Takt auf der Hauptstraßenbahnlinie außerhalb des
Berufsverkehrs für verzichtbar hält.
Pressekontakt:
Ostthüringer Zeitung
Redaktion Ostthüringer Zeitung
Telefon: +49 365 77 33 11 13
redaktion@otz.de
Weitere Informationen unter:
http://