Präsidentenaffäre Stern: Neue Vorwürfe gegen Wulff und Glaeseker Wulff ließ sich von Eventmanager Schmidt Feier nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten ausrichten / Vorwurf der Vorteilsannahme

Christian Wulff gerät nun auch in den Verdacht der
illegalen Vorteilsannahme im Amt in seiner Zeit als Bundespräsident.
Wie das Hamburger Magazin „stern“ in seiner am Donnerstag
erscheinenden Ausgabe berichtet, bat der CDU-Politiker den
Eventmanager Manfred Schmidt, über 80 Gäste zu einer Feier
einzuladen, die Schmidt am 30. Juni 2010 und damit am Abend nach
Wulffs Wahl zum Präsidenten ausrichten ließ. Die Kosten der
Veranstaltung trug Schmidt. Wulff nahm in der Nacht vom 30. Juni auf
den 1. Juli 2010 selbst an ihr teil.

Acht Tage vor dem Fest in Schmidts Berliner Luxus-Penthouse
„Residenz“ nahe dem Brandenburger Tor ließen Schmidt-Mitarbeiter
nicht nur den Einladungstext mit dem damaligen Wulff-Sprecher Olaf
Glaeseker abstimmen; sie erhielten auch eine Einladungsliste von
Wulffs persönlichem Büroleiter in der niedersächsischen
Staatskanzlei, die nach dessen Worten mit dem damaligen
Ministerpräsidenten abgestimmt war. Unter Wulffs Wunschgästen waren
seine Tochter Annalena, sein Unternehmerfreund Egon Geerkens, der
heutige FDP-Chef Philipp Rösler, Wulffs CDU-Parteifreundin Martina
Krogmann und deren Mann Alfred Draxler von der „Bild“-Zeitung.

„Wenn Wulff bestimmen kann, wer eingeladen wird, ist das natürlich
ein Vorteil“, sagte der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim dem
„stern“. „Hier liegt ein Verdacht der Vorteilsnahme vor, der die
Staatsanwaltschaft veranlassen müsste, gegen Wulff zu ermitteln.“ Für
die Teilnahme an der Feier ließ Manfred Schmidt wiederum zumindest
einen von ihm selbst eingeladenen Gast bezahlen. Er berechnete dem
Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) in
Berlin, Hans Joachim Reck, insgesamt 3000 Euro. Überdies lud Schmidt
Vertreter von Firmen zu der Feier, die er damals wiederholt als
Sponsoren für andere Veranstaltungen nutzte, darunter Vertriebschefs
der Autokonzerne BMW und Daimler und den damaligen
Vorstandsvorsitzenden des Pharmaunternehmens Celesio.

Nach dem „stern“ vorliegenden Unterlagen war Christian Wulff
überdies als Ministerpräsident ab 2007 deutlich enger in die Suche
nach Sponsoren für die von Manfred Schmidt veranstalteten
„Nord-Süd-Dialoge“ eingebunden als bisher bekannt. So bat er
offensichtlich persönlich im Jahr 2007 den damaligen Bahn-Chef
Hartmut Mehdorn um Unterstützung für die Promiparty, die damals in
Hannover stattfand. Das geht aus einer Mail des damaligen
Mehdorn-Beraters Dieter Hünerkoch hervor, die dem „stern“ vorliegt.
Die Deutsche Bahn zahlte, wie sie dem „stern“ bestätigte, 2007 und
2008 je 50.000 Euro für den Nord-Süd-Dialog.

Besonders intensiv warb der frühere Wulff-Sprecher Olaf Glaeseker
in seiner Funktion als Staatssekretär um Sponsoren für Schmidt. Das
belegen interne Mails, die dem „stern“ vorliegen und deren
Authentizität von den beteiligten Firmen bestätigt wurde. So ging er
mit Erfolg die Firmen Deutsche Messe sowie Evonik um finanzielle
Unterstützung für den Nord-Süd-Dialog an. Am 17. September 2009
schrieb Glaeseker dem Vorstandschef der Deutschen Messe AG, Wolfram
von Fritsch: „Wir würden uns auch im Namen von Ministerpräsident
Christian Wulff freuen, wenn wir auch in diesem Jahr die Deutsche
Messe wieder als Sponsor für die Veranstaltung gewinnen könnten.“ Von
Fritsch bestätigte dem „stern“ den Eingang der Mail. Seine Firma, die
in Hannover residiert, steuerte 25.000 Euro bei, so wie schon im Jahr
zuvor.

Glaeseker ließ sich bei solchen Aktivitäten von Schmidt antreiben
und belobigen, wie Mailwechsel, die dem „stern“ vorliegen, belegen.
Glaeseker, der mit Schmidt offensichtlich eng befreundet ist,
bezeichnete ihn in Mails als seinen „Schnulli“, als „Oberschnulli“
und sich selbst als dessen „Generalfeldschnulli“. Der langjährige
Wulff-Vertraute urlaubte mit seiner Frau Vera wiederholt kostenlos
auf Anwesen des Unternehmers in Südfrankreich und Nordspanien.

Wulff, Glaeseker, Schmidt sowie die niedersächsische Staatskanzlei
ließen Fragen des „stern“ zu diesen Vorwürfen unbeantwortet.

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Hans-Martin Tillack
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