Noch warten die Ägypter auf das offizielle
Ergebnis der Präsidentenwahl, aber in Wirklichkeit spielt es keine
große Rolle mehr, ob nun ein Islamist oder ein ehemaliger Minister
der Mubarak-Ära neuer Staatschef wird. Das Ganze ist eine Farce. Fest
steht: Herrschen werden in Ägypten weiter die Militärs. Vorsorglich
haben sie die Befugnisse des künftigen Präsidenten auf ein Minimum
reduziert. Schon vorher wurde die Justiz instrumentalisiert, um
missliebige Kandidaten auszusortieren, und dann wurde auch noch das
Parlament wegen angeblicher Formfehler bei der Wahl nach Hause
geschickt. Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen, schreiben die Generäle
dann gleich auch noch die neue Verfassung. Was da gerade in Ägypten
vor sich geht, ist ein verkappter Putsch. Ein Verrat an der
Revolution, der von einem Teil der Bevölkerung, in verständlicher
Sehnsucht nach Stabilität, insgeheim gebilligt wird. Auch im Westen
neigen viele aus Angst vor den Islamisten dazu, ein Auge zuzudrücken.
Das aber darf nicht geschehen. Wer heute die zynischen Machtspiele
der Militärs billigt, der wiederholt die Fehler der Mubarak-Zeit und
riskiert die politische Eskalation. Denn am Ende wird nur eine zivile
Regierung die gewaltigen Probleme Ägyptens lösen können.
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