Ein Kommentar von Reinhold Michels:
Ein politischer Einschlag, wie ihn die Wähler-Mehrheit in
Baden-Württemberg verursacht hat, erzeugt nicht bloß Kräuseln an der
Wasseroberfläche. In der hinweggewählten CDU bricht offener
Führungsstreit aus. Hoffentlich erspart die Südwest-Union sich und
dem Land Selbstzerfleischungs-Jahre nach Art der Rheinland-Pfalz-CDU,
die 1991 in die Opposition geschickt wurde und – bis Julia Klöckner
kam – eine Schlangengrube war. Große Ursache – große Wirkung: Das
vorläufig stärkste Indiz dafür, dass die Wende zu „Grün-Rot“ mehr
bedeutet als ein Farbwechsel, ist die fast merkelartige
Eilentscheidung der Bahn AG zum Bau-Moratorium beim umstrittenen
Großprojekt „Stuttgart 21“. Erst einmal sämtliche Signale auf Halt –
wenn das mal kein falsches Signal für das deutsche Fortschrittsland
par excellence ist. Das in fünfzehn Jahren diskutierte, geprüfte,
gerichtlich bestätigte, kalkulierte Milliarden-Projekt brächte
Stuttgarts City in ihrem engen Talkessel nicht nur einen neuen, dann
unterirdischen Bahnhof. Das ganze Land erhielte schnellere
Zugverbindungen und die Landeshauptstadt obendrein auf 100 hässlichen
Hektar Zentrumsbrachfläche die Chance zur Stadterneuerung. Wenn das
am Ende schief ginge, hätte sich das proppere „Ländle“ eines Stückes
Zukunft beraubt.
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