von Matthias Beermann
Die kommen ein wenig daher wie ein Happening, diese Proteste
vorwiegend junger Amerikaner gegen das Diktat der Finanzmärkte und
gegen ihr Symbol, die Wall Street. Verglichen mit den
Großdemonstrationen junger Spanier oder Franzosen, dem Aufmarsch von
Zehntausenden „Empörten“ in Europa, wirkt das zwar nicht sehr
wuchtig. Aber die Bewegung breitet sich aus in den USA. Und so
unstrukturiert und naiv sie in ihren kunterbunten Forderungen auch
erscheinen mag, sie richtet sich gegen etwas Uramerikanisches: den
Kapitalismus. Dahinter steckt eine tiefe Verunsicherung, ein
bohrender Zweifel am Sinn einer ökonomischen Ordnung, die in den
letzten Jahren immer mehr Amerikaner auf der Strecke gelassen hat.
Fast jeder sechste Amerikaner lebt heute in Armut. Finanz- und
Immobilienkrise haben praktisch vernichtet, was der Wirtschaftsboom
der späten 90er Jahre an Wohlstand gebracht hatte. Die breite
Mittelschicht, Kernstück des vielzitierten „American Dream“, wird
zusehends schmaler, während die Schere zwischen Arm und Reich immer
weiter auseinanderklafft. Und die Arbeitslosenzahlen wollen einfach
nicht zurückgehen. Das ist der Nährboden für einen Frust, der auch
politisch gefährlich werden kann.
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