von Helmut Michelis
Heimtückischer konnte der Anschlag der Taliban nicht sein: Die
Täter lauerten ihren Opfern im Gouverneurssitz auf, sie trugen nicht
nur afghanische Uniformen, sondern waren tatsächlich Polizisten.
Dieser Angriff erschüttert einmal mehr das dringend notwendige
Vertrauen zwischen den afghanischen Streitkräften und ihren
internationalen Ausbildern. Die offizielle Partnerschaft zum
schnellen Aufbau der einheimischen Sicherheitskräfte, die den Abzug
aller Isaf-Kampftruppen bis 2014 zum Ziel hat, wird dadurch erheblich
gefährdet. Denn mit jedem Anschlag wächst zwangsläufig das Misstrauen
gegenüber den Verbündeten. Dennoch gibt es keine Alternative zu dem
eingeschlagenen Weg, will sich der Westen militärisch langsam vom
Hindukusch lösen. Die gezielte Unterwanderung von Armee und Polizei
beweist dies indirekt: Die Islamisten wollen den Aufbau der
afghanischen Sicherheitskräfte verhindern, weil sie ihn besonders
fürchten. Ähnlich vehement hatten sie beispielsweise Schulen oder den
Aufbau der Elektrizitätsversorgung attackiert: Bildung und Wohlstand
entziehen religiösen Eiferern den Boden. Der Angriff von Talokan
zeigt aber leider auch: Die Lage in Afghanistan ist noch längst nicht
stabil – im Gegenteil.
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