Ein Kommentar von Birgit Marschall:
Wieder einmal nutzt eine kleine, gut organisierte Berufsgruppe die
Schlüsselstellung aus, die sie im großen Mahlwerk der deutschen
Wirtschaft einnimmt: Nach den Piloten, Lokführern und Klinikärzten
haben nun auch die Fluglotsen einen Streik angedroht, der
vorübergehend das ganze Land lahmgelegt hätte. Das Frankfurter
Arbeitsgericht hat den Streik gestern in letzter Minute verboten.
Doch die Auseinandersetzung ist damit längst nicht beendet – ein
Streik kann noch kommen. Die Gehaltsforderungen der bereits fürstlich
entlohnten Fluglotsen sind überzogen, ihre Streikandrohung ist von
daher unberechtigt. Doch die Warnung der Gewerkschaft vor fehlendem
Nachwuchs muss die Flugsicherung ernst nehmen: Sie kann nicht die
Sicherheit auf Flughäfen dadurch gefährden, dass sie den Lotsen
mangels qualifiziertem Nachwuchs immer mehr Überstunden zumutet. Die
Politik darf sich nicht wundern, dass kleine Spartengewerkschaften
wie die Gewerkschaft der Fluglotsen jetzt groß auftrumpfen. Schon vor
mehr als einem Jahr hatte das Bundesarbeitsgericht die Tarifeinheit
in den Betrieben gekippt. Seitdem können in einem Unternehmen
parallel mehrere Tarifverträge gelten – die Spartengewerkschaften
gewannen Einfluss. Die Politik hat es versäumt, die Tarifeinheit
durch ein neues Gesetz wieder herzustellen.
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