Rheinische Post: Chance vertan

Ein Kommentar von Birgit Marschall:

Die neuen Etatdaten des Bundesfinanzministers sind auf den ersten
Blick beeindruckend: Deutschland senkt sein Staatsdefizit bereits
drei Jahre nach der tiefsten Krise der Nachkriegszeit wieder unter
zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts – das ist im internationalen
Vergleich fast beispiellos. Der Bund wird die strengen Vorgaben der
Schuldenbremse aller Voraussicht nach schon 2015 einhalten – ein Jahr
früher als bislang vorgesehen. Auf den zweiten Blick entpuppt sich
Schäubles Haushaltsplanung jedoch keinesfalls als das Werk eines
Sparkommissars. Über das im Herbst beschlossene Sparpaket hinaus
nimmt der Finanzminister keine weiteren Ausgabenkürzungen vor. Dabei
böte der überaus kräftige und anhaltende Aufschwung die Chance,
nochmals an die Ausgaben – insbesondere die Subventionen –
heranzugehen. Doch daran wagt sich der Minister nicht. Dabei bliebe
in diesen guten Zeiten das negative Echo eher leise. Die Gelegenheit
zu Kürzungen verstreichen zu lassen, erscheint angesichts der
drohenden Etatrisiken künftiger Jahre fast schon fahrlässig: Die
Schuldenkrise im Euro-Raum dürfte für Deutschland deutlich teurer
werden als erwartet. Dauerhaft wird sie sich nicht in
Schattenhaushalten verbergen lassen.

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