Rheinische Post: Chinas Makel

Ein Kommentar von Martin Kessler:

Man kann Angela Merkel nicht mangelnden Mut vorwerfen. Anders als
ihr Vorgänger Schröder hat die Kanzlerin in der Vergangenheit immer
recht deutlich auf die Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte
hingewiesen. Dafür wurde sie bei ihrem jetzigen Besuch regelrecht
düpiert. Wenn eingeladene Gäste wie der Bürgerrechtsanwalt Mo
Shaoping nicht kommen dürfen und Termine der Kanzlerin bei kritischen
Zeitungen einfach abgesagt werden, dann ist ein Maß erreicht, das die
deutsche Regierungschefin nicht einfach hinnehmen kann. Sie muss ihre
Reise nicht abbrechen, aber ein paar deutlichere Worte wären schon
angebracht gewesen. Die Wirtschaftsbeziehungen zu China sind
bedeutend und erfordern ein hohes Maß an politischer Zusammenarbeit.
Viele Chinesen erwarten jedoch, dass wir Deutsche als einer der
wichtigsten Handelspartner auch die universalen Werte wie
Menschenrechte und Demokratie offensiv vertreten. Wenn wir für die
Euro-Rettung auf chinesisches Geld so sehr angewiesen sind, dass wir
uns das nicht mehr trauen, ist es um diese Währung wirklich
hundsmiserabel bestellt. Wir sind dann kein gleichberechtigter
Partner der Chinesen mehr.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

Weitere Informationen unter:
http://