Rheinische Post: Chodorkowskis Moral Kommentar Von Doris Heimann

Er war Milliardär, Kremlgegner, Russlands
prominentester politischer Gefangener. Nun ist Michail Chodorkowski
in Freiheit. Und zeigt sich bei seiner ersten Pressekonferenz als
neue moralische Autorität. Zehn Jahre Haft in russischen Straflagern
haben den ehemaligen Yukos-Chef weder verbittert noch gebrochen. Das
allein ist schon bemerkenswert. Noch erstaunlicher aber ist, wie
gelassen, wie weise Chodorkowski sein Schicksal betrachtet, wie
nachsichtig er sich selbst über seinen einstigen Erzfeind Wladimir
Putin äußert. Als Oppositionsführer und Volkstribun hätte Michail
Chodorkowski nie eine Chance gehabt. Zu viele Russen konnten ihm
seine Vergangenheit als Raffzahn nicht verzeihen. Nach seiner
Lagerhaft will er sich jetzt als Aktivist für die Rechte der
politischen Gefangenen in Russland einsetzen. Er könnte damit die
Rolle eines neuen Andrej Sacharow einnehmen – jenes Physikers und
Dissidenten, der sich in sowjetischer Zeit unermüdlich für die
Menschenrechte einsetzte. Eine moralische Autorität wie diese hätte
Russland zurzeit auch bitter nötig.

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