Rheinische Post: Das Drama des Ehepaars Wulff

Bettina Wulff hat sich mit einem Paukenschlag
auf der öffentlichen Bühne zurückgemeldet. Sie klagt gegen eine
Weltmacht, die Suchmaschine Google, und gegen Deutschlands
beliebtesten TV-Moderator, Günther Jauch. Beide sollten den Gerüchten
nicht weiter Vorschub leisten, sie hätte vor ihrer Beziehung zu
Ex-Präsident Christian Wulff als Prostituierte oder, etwas vornehmer
ausgedrückt, als Begleitdame gearbeitet. Viel Feind, viel Ehr, könnte
man meinen. Aber im Drama um das Ehepaar Wulff geht es um mehr – die
Rehabilitation eines persönlichen Rufs, ein Stück Rechtsgeschichte
und natürlich auch die Politik. Fangen wir bei der privaten Dimension
an. Die Wucht der Medien und vor allem des Internets trägt
entscheidend dazu bei, über pure Gerüchte den Ruf eines Menschen,
eben den von Bettina Wulff, nachhaltig zu schädigen. Man mag die
jetzigen Klagen etwas bösartig als Verkaufsförderung für ihr Buch
ansehen, aber Frau Wulff hat alles Recht der Welt, gegen bösartige
Unterstellungen vorzugehen. Solche Gerüchte hat es immer gegeben, und
sie haben schon früher manche Karriere perfide beendet, etwa die des
Generals Kießling. Im Zeitalter des Internets saugt eine
voyeuristische Öffentlichkeit solche Berichte mit ungeheurer
Schnelligkeit auf – und die betroffene Person erscheint machtlos.
Dass Bettina Wulff nun gerichtlich klären lassen will, was im
Internet erlaubt ist und was nicht, verdient Respekt. Die Klage gegen
Google könnte Rechtsgeschichte schreiben. Auch geht es um
Grundsätzliches: Wenn die Verbreiter von ungeprüften Gerüchten nicht
dingfest gemacht werden können, muss dann der haften, der die
Plattform bietet? Ohne dem Gericht vorgreifen zu wollen, ist
zumindest eine Verantwortung der Plattform zu bejahen. Das Internet
darf nicht der Ort sein, an dem Menschen ihre schlechten
Eigenschaften straflos ausleben. Was offline Unrecht ist, kann online
nicht Recht sein. Schließlich geht es auch um die politische
Dimension des Falls. Das Ehepaar Wulff hat die glamouröse
Öffentlichkeit gesucht, fühlt sich jetzt aber zutiefst von den einst
geliebten Medien gedemütigt. Wenn Bettina Wulff vor Gericht obsiegt
und mit ihrem Buch Terrain in der öffentlichen Wahrnehmung gewinnen
kann, ist zumindest sie wieder da, wo sie so gerne steht: im
Rampenlicht der Öffentlichkeit. Sie könnte es nutzen, um ihren Mann
zu rehabilitieren. Findet die Staatsanwaltschaft nichts, was die
Amtsführung des früheren Ministerpräsidenten Wulff belastet, stünde
einem Comeback des 53-Jährigen nichts im Weg. Es waren ja die
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die zum Rücktritt Wulffs
führten. Doch üblicherweise sind die Plätze schnell verteilt, wenn
ein einstiger Polit-Star die Bühne verlässt. Auch bei vollständiger
Rehabilitation dürfte Wulff der Weg zurück versperrt sein. Das sind
die harten, manchmal ungerechten Gesetze der Politik, ist das Drama
des Ehepaars Wulff.

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