Rheinische Post: Das Gericht wird vernünftig sein

Kaum hat die Europäische Zentralbank den
finanziell unbeschränkten Ankauf von Staatsanleihen maroder
Euro-Länder beschlossen, wartet der nächste Schicksalstag für den
Euro. Obwohl? Dass die Verhandlung der Klage gegen den dauerhaften
Euro-Rettungsschirm ESM vor dem Bundesverfassungsgericht am 12.
September wirklich ein solcher wird, darf bezweifelt werden. Die
Verfassungsrichter werden vernünftig handeln, was in ihrem Falle
heißt: Gerichtspräsident Voßkuhle und seine Richterkollegen werden
Bedenken anmelden, die Politik ermahnen, künftige Regeln aufgeben,
aber nicht eine neuerliche Bundestagsentscheidung über die
Rettungsschirme ESM und Fiskalpakt verlangen. Handelten die Richter
anders, setzten sie sich sich dem Vorwurf aus, die Totengräber des
Euro zu sein. Denn eine negative Entscheidung der Richter wäre ein
ungeheurer Schlag für die Systematik der Eurorettung, die auf den
Kauf von Zeit und die Beruhigung der Märkte setzt. Insofern wird
vielen Bürgern das Urteil nicht gefallen. Für sie ist das Gericht
längst das letzte Bollwerk gegen den angeblichen Ausverkauf deutscher
Interessen. Vor allem aber die letzte Instanz, die sie noch verstehen
und der sie damit vertrauen. Bundestag und Bundesregierung können vor
Gericht obsiegen, zu den Verlierern gehören sie dennoch längst.

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