Rheinische Post: Der Chaos-Kapitän

Ein Kommentar von Martin Bewerunge:

Man traut seinen Augen nicht: Ein schmuckes Schiff liegt vor
malerischen Fischerhäusern schräg in der See, scheinbar unberührt und
doch ein Wrack. Die Katastrophe in der Idylle. Man glaubt seinen
Ohren nicht: Erst redet der Kapitän das Unglück klein, dann verlässt
er das Schiff, weil es ja sinkt. So lautet wörtlich seine Erklärung
gegenüber der Hafenaufsicht, die retten will, was zu retten ist, den
Kommandanten der „Costa Concordia“ aber nicht mehr an Bord findet.
Eine Katastrophe mit vollständigem menschlichen Versagen. Und jetzt,
wo Kapitän Francesco Schettino behauptet, er sei bloß in das
Rettungsboot gestolpert, das ihn davontrug, fasst man sich an den
Kopf: Ist der Mann von allen guten Geistern verlassen? Es scheint so.
Doch gravierender als der Verdacht, Schettino könnte zum Zeitpunkt
der Havarie womöglich unter Drogen gestanden haben, ist nun die
Ahnung, dass er als Schiffsführer gänzlich ungeeignet war: Zuerst ein
waghalsiges Manöver zu dicht an der Küste, dann Flucht aus der
Verantwortung, schließlich Flucht aus der Wirklichkeit. „Schettino
würde selbst einen Bus wie einen Ferrari fahren“, sagen Freunde des
Kapitäns. Der hat am Ende auch die „Costa Concordia“ wie einen
Ferrari zu fahren versucht. Gutgehen konnte das nicht.

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