Der Fall Christian Wulff – so muss man ihn wohl
bezeichnen – fördert weiterhin Erstaunliches zutage. Nachdem die
Öffentlichkeit zunächst lernen musste, dass der gesetzlich
festgelegte „Ehrensold“ des Bundespräsidenten a. D. ein rechtlich
praktisch unantastbares Privileg auf Lebenszeit ist, erfahren wir
jetzt, dass es auch „einvernehmliche Hausdurchsuchungen“ gibt, für
die im Vorfeld Terminvereinbarungen getroffen werden. Zu Christian
Wulff und seinem Freund, dem Filmunternehmer David Groenewold, kam
der Staatsanwalt nicht unangemeldet im Morgengrauen, sondern zur
Kaffeezeit. Eine Razzia stellt man sich gemeinhin etwas anders vor,
aber das muss noch nichts heißen. Es mag ja sein, dass die Justiz das
ehemalige Staatsoberhaupt sanfter anpackt als andere Strafverdächtige
– am Ende ist allein wichtig, dass sie ihre Arbeit tut. Christian
Wulff hat, wie es so schön heißt, bei der Durchsuchung seines Hauses
„kooperiert“. Abgesehen davon, dass er wohl auch gar keine andere
Wahl hatte, ist die Zusammenarbeit mit der Justiz auch das mindeste,
was man von Wulff erwarten kann. Der wegen persönlicher Fehler
politisch unhaltbar gewordene Bundespräsident ist sich keines
Vergehens bewusst. Er gilt also als unschuldig bis zum Beweis des
Gegenteils. Wenigstens in diesem Punkt ist Wulff bestimmt gerne ein
Bürger wie alle anderen.
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