Rheinische Post: Der gebildete Antisemit?

Ein Kommentar von Lothar Schröder:

Für Grass steht fest, dass Israel in einem „politischen Irrtum
verstrickt ist“. Nicht erst gestern in seinem unsäglichen Poem. Es
war schon 1973 im Aufsatz „Israel und ich“. Das Thema hat beim
deutschen Nobelpreisträger eine Karriere, und keine gute. Natürlich
verweist er dabei stets auf deutsche Schuld und Verbrechen, auf
jüdische Opfer und Verfolgung. Doch was treibt ihn immer wieder um,
den Warner für Israel zu spielen, noch dazu im Gewande des
Moralisten, dem es zu heucheln nach eigenen Worten unerträglich
geworden ist? Ist Grass doch von einem linken, intellektuellen
Antisemitismus infiziert? Einer der Lautesten, Henryk M. Broder, hat
diese Frage für sich jetzt deutlich mit Ja beantwortet. Die Gefahr
ist groß, einen Menschen mundtot zu machen. Doch das Gegenteil zu
behaupten, fällt seit gestern schwerer. Nur weil einer den Vorwurf
des Antisemitismus im Gedicht vorwegnimmt, muss er noch nicht falsch
sein.

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