Rheinische Post: Der Guttenberg der Liberalen Kommentar Von Sven Gösmann

Die FDP gibt ein verheerendes Bild ab. Nur noch
drei bis fünf Prozent der Deutschen würden sie wählen – vor einem
Jahr waren es knapp 15. Die Konferenz der Kreisvorsitzenden lieferte
dazu einen Blick in die Seele der Partei. Der Parteivorsitzende sei
ein „Grüßaugust“, schleuderte ein Parteifeind Guido Westerwelle
entgegen. Ein anderer warf ihm vor: „Ihre Realität ist nicht die
meine“. Westerwelles Ansehen und das seiner
Bundestagsfraktionsvorsitzenden Birgit Homburger scheint in Teilen
der FDP irreparabel beschädigt. Bei dem zunehmend verkrampft
agierenden Westerwelle hat man auch nicht den Eindruck, dass er die
FDP und sich derzeit aus dieser Depression führen kann. So klammert
sich die FDP immer stärker an ihren „kleinen Guttenberg“, den smarten
Generalsekretär Christian Lindner. Der kommt zwar nicht aus einem
Schloss, sondern nur aus Wermelskirchen, trotzdem richten sich zu
Recht alle Blicke auf den 31-Jährigen. Lindner ist intellektuell
stark, rhetorisch ähnlich versiert wie Westerwelle, aber
nuancenreicher, und er verfügt als einer der letzten Liberalen über
ein positives Image. So einen könnte auch die NRW-FDP, noch mehr in
der Versenkung verschwunden als die Bundes-FDP, als neuen Landeschef
gut gebrauchen. Lindner aber will in Berlin bleiben. Wahrscheinlich
wird er dort noch dringender benötigt.

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