Rheinische Post: Der Papst und dieÖkumene

Nein, dieser Tag hat die Ökumene nicht neu
gemacht. Er erwarte von seinem Treffen mit der evangelischen Kirche
in Erfurt, an einer der Wirkungsstätten Martin Luthers, keine
Sensationen, hatte Papst Benedikt schon vergangene Woche betont.
Erfurt hat tatsächlich nicht den Durchbruch gebracht. Was bleibt, ist
vor allem Interpretationsbedarf – über den Wunsch des Papstes,
Katholiken und Protestanten möchten sich „gegenseitig helfen, tiefer
und lebendiger zu glauben“, ebenso wie über die praktischen
Auswirkungen dieses Wunsches für Deutschland, nur sechs Jahre vor dem
großen Reformationsjubiläum. Die Ökumene bleibt ein Feld, das unter
Tränen bestellt wird. Das ist nicht mehr als eine realistische
Erkenntnis, aber es schmerzt trotzdem. Benedikt wäre aber nicht
Benedikt, hätte er nicht zugleich eine viel fundamentalere
Perspektive eröffnet: Das Ringen um Einheit funktioniere nicht nach
dem Kompromiss-Prinzip von Geben und Nehmen. Politik sucht Lösungen
für den Tag, heißt das, Theologie ewige Wahrheit. So hart das klingt
– darin kann am Ende sogar eine Ermutigung stecken: In unsere
zerrissene Welt kommt der Segen nicht durch berechnendes
Menschenwerk, sondern allein durch Gnade. Wen das an Luther erinnert,
der liegt nicht ganz falsch. Dass diese Nähe heute auf höchster Ebene
möglich ist, ist auch eine der Lehren von Erfurt.

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