Rheinische Post: Der Präsident fährt abwärts

Ein Kommentar von Gregor Mayntz:

Christian Wulff verbraucht täglich mehr von jenem Kredit, den
Angela Merkel ihm als Vertrauensvorschuss für seine
Aufklärungsfähigkeit in eigener Sache großzügig gewährt hat. Seit
Mitte Dezember wiederholt sich der bedenkliche Vorgang, dass die
Wogen nach jeder scheinbaren Beruhigung um die Hauskreditaffäre wenig
später um so höher schlagen. Die Halbwertzeit von Wulffs Aussagen,
nun endlich vollständige Transparenz hergestellt zu haben, schrumpft
beängstigend zusammen. Darf ein Bundespräsident am 15. Dezember
behaupten, seinen Kredit „inzwischen“ abgelöst zu haben, den Vertrag
aber erst am 21. Dezember unterschreiben? Darf ein Bundespräsident
unter Drohungen und wüsten Beschimpfungen kritische Berichterstattung
zu verhindern versuchen? Es ist nicht verboten. Aber wer Schaden vom
Amt fernhalten will, der tut das nicht. „Wer mit der Bild-Zeitung im
Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten.“
Das hat Springer-Chef Matthias Döpfner als Prinzip des
Boulevard-Journalismus verraten. Den Knopf nach oben bzw. unten hat
Wulff selbst verwechselt. Ob er die Fahrtrichtung korrigieren kann,
bevor er ganz unten angekommen ist, hatte und hat er selbst in der
Hand. Inzwischen geht es tatsächlich darum, ob das Ende seiner
Amtszeit erst Ende Juni 2015 gekommen ist. Oder Ende dieser Woche.

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